Aber sonst bin ich eigentlich ganz normal

Manche Menschen haben einen Tick. Ich zähle mich zu manchen Menschen. Möglicherweise haben sogar viele Menschen einen Tick. Ich denke, das trifft eher zu. Demnach bin ich also auch einer von vielen Menschen mit Tick. Sehr wahrscheinlich hat aber jeder Mensch seinen Tick … Die meisten trauen sich nur nicht, ihn zuzugeben geschweige denn, zu ihm zu stehen. Glaube ich zumindest. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Der Menschheit würde es viel besser gehen, wenn jeder zu seinen Ticks, Macken oder sonst was stehen würde. Ist doch nix dabei, Mensch! Schreit es in die Welt hinaus: Ja, ich stehe grundsätzlich immer mit dem rechten Fuß zuerst auf. Ja, ich klaue in jedem Restaurant die Speisekarte. Ja, ich bügle meine Socken. Ja, ich …

Heute war es bei mir wieder soweit. Mit Leidenschaft lebte ich meinen Tick aus, ich konnte einfach nicht widerstehen. Es passiert mir immer, wenn ich in eine Toilette gehe. Egal ob in einem öffentlichen WC, in der Toilette eines Restaurants oder bei jemandem privat zuhause, ich MUSS es einfach tun. Immer. Wofür hat man auch sonst einen Tick, wenn man ihn nicht pflegt.

Ich gehe also in eine Toilette im Suhler SRH und mein erster, kritisch prüfender Blick sucht nach dem Toilettenpapierhalter. (Ich hasse übrigens diese riesenhaften hohlen Dinger, mit den mammuthgroßen Rollen darin – ich bin diesbezüglich eher nostalgisch veranlagt und ziehe die Halter für Papierrollen in handelsüblichen Baumarktausmaßen vor. Die sind so schön übersichtlich und ich kann sie entsprechend meines Ticks gut kontrollieren.)

Wo war ich stehen geblieben? Ach ja: ich gehe also in eine Toilette im Klinikum und mein erster, prüfender Blick sucht nach dem Toilettenpapierhalter. Und da! Da hing er. Und an ihm hing die Rolle mit dem Papier.Was soll ich sagen – das Papier hing falsch herum auf dem Rollenhalter! Volltreffer für meinen Tick! Auch wenn ich mich noch so sehr anstrenge – meine Hände werden ganz kribbelig und ich fühle mich nicht wohl, wenn das Klopapier falsch herum hängt. Also genauer gesagt: für meine Begriffe falsch herum, um das hier mal richtig zu stellen.

So, jetzt ist es raus – das ist mein Tick!!! (einer meiner Ticks wohlgemerkt) phhhuuu – welche Erleichterung, endlich frei darüber schreiben zu können. Ja, ich habe mich geoutet! Na und? Ich stehe dazu. Seht ihr, ihr Menschen, jetzt habe ich es der ganzen Welt mitgeteilt. Wie fühle ich mich befreit! Ja, ich drehe das Klopapier auf dem Halter um, wenn es für meine Begriffe falsch herum hängt. Egal wohin ich komme, ich tue es überall!

Falsch herum ist für mich das:

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Ich kann da einfach nicht hingucken. Nein, das gefällt mir überhaupt nicht! Ruckzuck nehme ich die Rolle und drehe sie um, so dass sie (für mich) richtig herum hängt, nämlich so:

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Viel besser, oder? Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, woher diese Macke kommt, bin aber felsenfest davon überzeugt, dass es Menschen mit schlimmeren Macken gibt, 100 pro!

Wie oben bereits angedeutet, habe ich noch andere Ticks. Zum Beispiel habe ich es nicht so wirklich mit den ungeraden Zahlen. Ich mag lieber die geraden Zahlen. Wenn ich die Wahl habe, dann parke ich im Parkhaus lieber auf dem Parkplatz mit der Nummer 214 als auf der 215. Ist allerdings nur der Parkplatz mit der Nummer 215 frei und ich habe keine Wahl, dann nehme ich in diesem Falle die Quersumme von 215, die bekannterweise 8 lautet und somit eine gerade Zahl ist. Das Spiel kann ich beliebig erweitern. Eine 9 ist für mich keine 9 sondern 3 mal 3. Und dass die drei eine Glückszahl ist, weiß doch jeder: aller guten Dinge sind schließlich drei. Die 7 hat auch was Gutes, denn sie besteht aus der 4 (gerade Zahl) und aus der Glückszahl 3. Im Notfall addiere, subtrahiere, multipliziere und dividiere ich, ziehe die Wurzel oder rede mir auf andere Art und Weise jede Zahl irgendwie „schön“. Tja, hättet ihr nicht gedacht, wie clever ich bin, hm? (oder nennt man das bekloppt?)

Um noch mal auf das Toilettenpapier zurück zu kommen: Meines Wissens gibt es in der EU noch keine Richtlinie, die vorschreibt, wie herum das Klopapier in den Toiletten zu hängen hat. Was für ein Dilemma! Ich finde das wäre doch mal ein Diskussionsthema, oder? Ich meine, da wird über manche Themen tagelang hin und her diskutiert (Natürlich will ich an dieser Stelle den Sinn mancher Diskussionen, deren Notwendigkeit bzw. das daraus resultierende Ergebnis in Form einer einheitlichen Richtlinie für die EU-Staaten keineswegs in Frage stellen, um Himmels Willen, nein! Wer das glaubt, liegt voll daneben! Würde ich mir niiiiiiiie anmaßen!) – warum also nicht mal eine so wesentliche Frage aufgreifen, damit in den Sanitärbereichen im europäischen Raum endlich eine einheitliche EU-Norm für Ordnung sorgt? Zwei Tage könnte man für so eine Diskussion in jedem Fall anberaumen.

Bleibt noch die Frage offen, wie sich das Ergebnis auf meinen Tick auswirken würde …

Statistik

Wenn ich heute Nacht nicht von Zahlen träume, dann kann ich froh sein. Bei meinem kurzen Mittagsschläfchen ging mir jedenfalls allerlei Zahlenwirrwarr durch den Kopf.

Heute war der Abgabetermin für die Statistik für das Landesamt. Wer jetzt denkt, dass ich bis auf den letzten Drücker damit gewartet habe, der täuscht sich. In den vergangenen Jahren bearbeitete ich die Fragebögen schriftlich, ab diesem Jahr geht das alles nur noch online. Also habe ich mir das schon am Montag vergangene Woche im Internet angeguckt und gleich wieder die Seite zu gemacht. Aber immerhin – ich hatte mal geguckt, was ja ein Anfang ist.

Diese Woche Montag habe ich wieder geguckt und gleich ein bisschen ausprobiert. Ich gab schon mal unsere Telefonnummer ein und die E-Mail-Adresse sowie ein paar andere Daten und speicherte es ab. Dann guckte ich mir alle anderen Seiten an und rümpfelte meine Nase. Nase rümpfeln = Nase hochziehen und zwischen den Augen zieharmonikaartig in Falten legen. Ziehharmonika = sowas wie Schifferklavier, Schifferklavier = sowas wie Akkordeon – alles klaro?

Also ich rümpfelte meine Nase. Diese Mimik bedeutet bei mir im Normalfall Skepsis, in diesem speziellen Falle allerdings mehr Unlust oder im Jargon meiner Söhne: null Bock. Dem gegenüber stand die „Auskunftspflicht nach § 102 Absatz 1 SGB VIII in Verbindung mit § 15 BStatG“ – grrrrrrrrrrrrrrrrrr! Ich analysierte meine Lage und stellte ernüchtert fest: Ich hatte null Bock und null Wahl.

Für solche Situationen habe ich immer eine Tafel Vollmilchschokolade im Tresor. Die habe ich mit einem Ritt nieder gemacht – haha, die hatte keine Chance gegen mich und in nullkommanix war kein Krümchen mehr übrig, meine Stimmung merklich besser und ich suchte mir mit neuem Elan sämtliche Unterlagen zusammen und legte sie parat. Der Anblick war erschütternd! Ich räumte die Unterlagen sofort wieder weg, denn mein Schreibtisch und auch die beiden anderen Ablagen im Büro reichten nicht aus. Kein Wunder bei 139 angemeldeten Kindern und 21 Mitarbeitern in unserer Kindertagesstätte.

Ich brauchte einen Plan. Die Olsenbande hatte auch immer einen Plan. Ich fing also mit dem Personal an. Das war nur ein Ordner. Überschaubar. Nachdem ich mich reingefuchst hatte, ging es ganz gut vorwärts, bis auf es auf einmal *pling* machte und alles weg war. Äh? Was war das denn? Ich guckte auf meinen leeren Bildschirm, das Internet hatte sich verabschiedet, meine ganzen Daten sicher auch, was war da los? Ich drückte ein paar Tasten – nichts – ich drückte auf alle möglichen Tasten, gleichzeitig und ziemlich energisch – wieder nichts – Ich rümpfelte wieder meine Nase, was diesmal „so ein Scheibenkleister“ bedeutete, und rief bei unserer IT-Abteilung an.

„Ja, das kann passieren mit Ihrem neuen VPN-Router, das Problem hatten wir in den anderen Einrichtungen ebenfalls. Na dann fangen Sie eben noch mal von vorne an mit Ihrer Statistik! Was? Sie haben keine Schokolade mehr? Wozu brauchen Sie da Schokolade? Sie ziehen jetzt einfach mal den schwarzen Stecker aus dem weinroten Kästchen. Ja, genau, aus dem VPN-Router. Und nun warten Sie mal ein paar Minuten. Dann stecken Sie den Stecker wieder rein und dann geht das Internet wieder. Ja, das machen Sie jetzt immer so, wenn das Internet sich mal verabschiedet hat. Sicher kann das gelegentlich passieren. Die Daten sind dann weg, klar. Es sei denn Sie haben vorher gespeichert. Danke, Ihnen auch einen schönen Tag! Wiederhören!“

„Naja,“ dachte ich, „da fange ich halt noch mal von vorne an. Solange ich das bezahlt kriege …“

Ich habe schließlich die Statistik in Ruhe, zwar in vielen Stunden Arbeit aber ohne das kleinste Stück Schokolade – gefällig selbst Schulter klopf (hihi) – zuhause gemacht. Meine Fritzbox hat mich nicht im Stich gelassen und nun habe ich wieder ein Jahr lang Ruhe bis zum nächsten Bescheid zur Auskunftserteilung.

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