Von süßen Abschieden und Wiedersehen

Wie die paar REHA Wochen verflogen sind! Es war so wunderbar erholsam, viel Zeit für mich, kein bisschen Stress oder Hektik, viele nette Menschen, die mir begegnet sind. Die meisten davon sehe ich sicher nie wieder und die Erinnerung an sie wird nach und nach verblassen. Andere werden mich vielleicht noch ein Stück meines Lebens begleiten, bevor der Kontakt abbricht. Wird es auch den einen oder anderen Menschen geben, der bleibt? Werde ich diese Menschen wieder sehen?

Anika, Andrea und Uta hatte ich bei meiner letzten REHA 2011 kennen gelernt. Wir hingen vier Wochen lang so gut wie jeden Tag zusammen. Es hat einfach von Anfang an gepasst zwischen uns – eine Wellenlänge 🙂 Nach der Reha blieben wir über Facebook, WhatsApp und/oder Telefon in Kontakt. Mal mehr, mal weiniger – zumindest haben wir uns nie aus den Augen verloren. Wir HABEN uns wieder gesehen! Es gab ein lustiges Kur-Revival an den alten „Tatorten“. Das war richtig schön! Andrea hat mich auch mal zuhause besucht. Bestimmt ergibt sich irgendwann die Zeit für einen Gegenbesuch – wir bleiben am Ball.

Was habe ich mich gefreut, als Anika und Andrea mich bei dieser REHA besucht haben! Noch ein Wiedersehen! Natürlich wurde das mit frisch gebackenen Waffeln und einer gehörigen Portion heißen Kirschen mit Sahne darauf gefeiert – hmmmm – wie damals in Bad Sooden-Allendorf.

Foto 08.02.15 14 34 38

Und nächste Woche, wenn ich zur CeBIT nach Hannover fahre, da treffe ich endlich auch Uta wieder, wie ich mich darauf freue!

Bei dieser REHA lernte ich unter anderem Elena, Anja, Sandra und Natalia kennen. Mit Anja verbindet mich der gleiche Beruf und natürlich mussten wir uns längst darüber austauschen, wie uns der Wiedereinstieg ins Berufsleben gelungen ist. Ich denke daran, wie wir abends zusammen gesessen und gehäkelt haben. Sie eine Mütze für ihren Mann, ich einen Pullover für mich. Elena hab ich das Stricken beigebracht. An ihrem letzten Abend saßen wir noch lange zusammen und ich war sehr beeindruckt, wie toll ihr Schal geworden ist.

Winfried und ich senden uns immer mal wieder lustige Fotos und Filmchen per WhatsApp hin und her und mit Natalia und Elena habe ich auch schon mal kurz telefoniert. Sandra sehe ich auf Facebook und wir schreiben uns gelegentlich ein paar Zeilen auf dem Handy hin und her, sie heiratet bald, ist schon sehr aufgeregt und hat jede Menge zu organisieren für ihren großen Tag.

Wenn ich an die Abschiede denke, dann einerseits etwas traurig, andererseits muss ich schmunzeln, wenn ich an die kleinen Aufmerksamkeiten denke, die ausgetauscht wurden. Elena hat eine wunderschöne Karte für mich gefunden, die so gut zu mir passen würde, wie sie fand und schrieb mir ein paar ganz liebe Worte als Erinnerung hinein. Mir gefällt die Karte. Wenn ich sie angucke, denke ich an Elena und an den lustigen Abend in „Fänkis Hütte“ oder an die leckeren Törtchen im „Kaffeehaus 1825“. Ja, wir haben gelegentlich kulinarisch gesündigt 😉 und es nicht bereut.

    Foto 12.03.15 23 26 08  Foto 07.02.15 20 29 06  Foto 07.02.15 15 59 16

Und dann waren da die süßen Grüße. Sogar in meinem Postfach fand ich sie! Die „Durchbeißer“ – die waren vom Udo, damit hat er mich jeden Abend versorgt, wenn wir nach dem Abendessen noch ein Stündchen zusammen an dem großen Tisch in der Lobby saßen, uns unterhielten oder uns mit dem lahmen W-LAN herum plagten, um unsere Mails zu checken usw. Ich wollte ja eigentlich den Süßigkeiten widerstehen, aber irgendwie ging das nicht. Erst wenn kein Durchbeißer mehr auf dem Tisch lag, zog ich mich auf mein Zimmer zurück. In der Regel ging das relativ schnell …

          Foto 18.02.15 07 59 47  Foto 17.02.15 07 54 05  Foto 18.02.15 09 21 41

Den Glückskäfer hab ich beim Frühstück auf meinem Platz im Speisesaal gefunden, mit dem hat mir Anja bei ihrem Abschied den Tag versüßt. Wer mir die längsten Pralinen der Welt ins Postfach gelegt hat, das weiß ich leider nicht so genau, da kann ich nur spekulieren … Auf jeden Fall habe ich mich auch darüber gefreut und musste schmunzeln.

Bin ich denn wirklich so eine Naschkatze?

Verführungen

… sie lauern überall. Ich brauche nur die Augen zu schließen, dann stelle ich sie mir lebhaft vor. Ganz klar und deutlich sehe ich sie verlockend vor mir liegen, zum Greifen nah, unwiderstehlich, zum Reinbeißen, meinem lüsternen Gaumen gnadenlos ausgeliefert – hach … seufz!

Aber ich bin stark! Ich hab mich voll unter Kontrolle, absolut, total – wenn ich will. Will ich? Ja, ich will! („Grrrrrrrrrrrr!“ grummelt der Teufel in mir, während mir das Engelchen anerkennend auf die Schulter klopft).

Also gehe ich entschlossen an diesem Stand im Eingangsbereich des Supermarktes vorbei, wo diese freundlich lächelnde Frau steht und frisch gebackene Waffeln anbietet, die sowas von lecker duften, dass mir das Wasser im Munde zusammen läuft. Nein, ich schaue gar nicht hin. Keines Blickes würdige ich sie! Wer so hinterlistig und gemein ist und arglose Kundinnen solche Versuchungen zumutet, den gucke ich nicht mit dem Hintern an. So – das hat sie nun davon! Haha, so schnell, wie ich an ihr vorbei bin, so schnell kann sie nicht mal Schokosahne sagen.

Ich atme tief durch und konzentriere mich auf in Plastikbechern verpackte, bereits in mundgerechte Stücke geschnittene, frische Ananas, die mir als nächstes ins Auge fallen. Och nö, muss nicht sein. Das Obst in der Klinik reicht mir aus. Jeden Morgen ein Apfel oder  ´ne Birne, ab und zu Orangen, es gab auch mal Bananen – passt schon, besonders die leckeren Salate mittags und abends, da könnt ich mich manchmal reinlegen.

Doch da nähere ich mich schon der nächsten Versuchung. Mein Blick fällt auf die Tüten mit den Schweinsöhrchen, hmmm! Ohne, dass ich es will, greife ich danach. Mein Teufelchen hält schon erwartend die Luft an. So eine Tüte mit leckerem, leider völlig ungesundem, weil viel zu fettem Blätterteiggebäck verdrücke ich locker mal eben zwischendurch, zwischen Tagesschau und 21.00 Uhr oder so. Egal, auf jeden Fall scheint da irgendeine Zutat drin zu sein, die süchtig machen muss. Während ich die Tüte und besonders deren Inhalt mit schmachtendem Blick betrachte, mein Teufelchen aufgeregt in die Hände klatscht und mir schon wieder das Wasser im Munde zusammen läuft, höre ich ein dünnes Stimmchen im Hintergrund rufen: „Nein! Tu es nicht! Denk an deine Triclyceride!“ Ach ja, mein Engelchen spielt wieder Mal Gewissen! Gehorsam stelle ich die Tüte zurück – brave Heike!

Ich schaffe es, ganz locker und entspannt an all den anderen Verlockungen in dem gefühlt mindestens 100 Meter langen Regal voller Naschereien vorbei zu schlendern. Wow, bin ich cool! Also: Bauch rein, Brust raus, Kopf hoch: ja, ich bin schlank, schön und sexy – wozu brauche ich Süßigkeiten? Selbstsicher und jeglicher Versuchung erhaben schiebe ich lässig meinen Einkaufswagen in einen Seitengang, finde in der Bio-Abteilung Dinkelbrezeln, beschließe kurz entschlossen, diese als „Ersatz“ mal auszuprobieren (immerhin sind sie nicht süß), packe noch Zahnpasta und Deo in den Korb und stelle mich in der Schlange an der Kasse an.

Es schnuppert verdammt gut nach Waffeln, während ich auf das Abkassieren warte. Menno! Das ist gemein. Schnell bezahle ich und eile an der Waffeldame vorbei nach draußen. Ich frage mich, ob sie abends daheim auch noch nach Waffeln riecht … Bestimmt! Vielleicht sagt ihr Mann dann zu ihr: „Liebling, darf ich ein wenig an deiner Waffel knabbern?“ oder „Hey, mein heißes Eisen, wie wär`s heut` mit einer Extraportion Sahne?“  😉

Mir geht der Waffelgeruch jedenfalls nicht aus der Nase. Den halben Rückweg lang denke ich an nichts anderes. Trotzdem bin ich wahnsinnig stolz auf mich. Das Teufelchen schmollt mit mir, das Engelchen frohlockt und streichelt voller Mitgefühl die Hörner des Teufelchens.

Als ich die Lobby der Klinik betrete– ich hatte gerade darüber nachgedacht, ob ich gleich eine Dinkelbrezel esse oder bis nach dem Abendessen warte – trifft es mich wie einen Schlag. Die ganze Eingangshalle ist waffelduftgeschwängert –Neeeeeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiin!!!!!!!!! Das war`s dann also. Alle guten Vorsätze sind dahin. Scheibenkleister!

Okay, gut. Ich bin auch nur ein Mensch. Ein Genussmensch. Überhaupt, ich finde, man lebt ja nur einmal, oder? Ich verbündete mich mit dem Teufelchen. Auf der Stelle tat ich das. Keine Chance für Engelchen und sein Gewissen. Pfeif auf die Triclyceride! Natürlich hätte ich ohne mit der Wimper zu zucken in mein Zimmer gehen und Dinkelbrezel essen können. Es wäre mir ein Leichtes gewesen. Aber das wollte ich gerade in diesem Moment nicht. Wenn ich in dieser Klinik etwas gelernt habe, dann unter anderem auch das, mir etwas Gutes zu tun, wann immer mir danach zumute ist. Das tat ich jetzt.

Und weil man bekanntlicherweise auf einem Bein schlecht stehen kann, nahm ich für das andere Bein auch gleich noch was mit. So gönnte ich dem rechten Bein eine frisch gebackene Waffel mit heißen Kirschen und Sahne sowie einen schwarzen Tee mit Kandiszucker und Sahne, das linke Bein bekam ein Stück Mandarinenkuchen und eine große Tasse Kakao ohne Sahne, man muss es ja schließlich nicht gleich übertreiben. Das fand ich sehr fair von mir, beide Beine gleichermaßen gerecht bedacht zu haben. Außerdem sind meine Beine sooo lang, da passt schon was rein, stimmt´s, mein allerliebstes Teufelchen?

Foto 24.01.15 16 04 19