An die Dame mit den langen Fingern

Herzlichen Glückwunsch zu meiner Sonnenbrille! Sie hatten wirklich echtes Glück gehabt, dass ich sie neulich in der Klinik liegen gelassen habe. Natürlich wäre es absoluter Blödsinn gewesen, sie an der Rezeption abzugeben. Nein! Um Himmels willen! Wer macht denn sowas?

Tja – Sie waren nun mal schneller als ich – Pech, so spielt das Leben! Erst war ich ja ziemlich traurig und auch wütend. Die Sonne schien und ich brauchte die Brille dringend zum Autofahren, weil ich ohne Brille doch immerzu niesen muss, wissen Sie? Inzwischen sehe ich das anders. Bestimmt sind Sie eine ganz arme, bedürftige Person, die nicht genug Geld hat, sich eine eigene Sonnenbrille zu kaufen. Das tut mir sehr, sehr leid für Sie. Damit Sie nun kein schlechtes Gewissen mehr haben müssen, weil Sie die Sonnenbrille gestohlen haben, schlage ich Ihnen vor, dass ich sie Ihnen ganz einfach schenke – nachträglich natürlich. Behalten Sie meine Sonnenbrille und freuen Sie sich über mein schönes Geschenk! Immerhin ist es eine Polaroid! Zusätzlich möchte ich Ihnen auch noch das Brillenetui dazu schenken, denn was soll ich nun damit? Es gehört nun auch Ihnen. Ich brauch es nicht mehr. Ich fühle mich nun sehr gut, weil ich Ihnen bestimmt eine große Freude gemacht und die schwere Last des Diebstahls von Ihrer Seele genommen habe, stimmt`s? Ich hinterlege das Etui da, wo ich auch die Brille abgelegt hatte. Aber bitte schnell sein! Am Ende gibt es hier noch mehr langfingrige Damen … – oh oh!

Übrigens bekam ich diese Sonnenbrille mal in einem spontanen Anflug voller Dankbarkeit von einem Freund geschenkt, als ich ihm geholfen hatte, seine Wohnung in Ordnung zu bringen, damit er keinen Stress mit seiner Frau bekommt, die an diesem Tag von einer Reise zurück kam – verrückt, ne? Das ist nun fast zwei Jahre her – also hatte ich die Brille auch wirklich lange genug –  allerhöchste Zeit für eine Neue!

Ach ja, anbei noch ein paar exklusive Styling-Tipps für Sie:Hier auf dem Staffelberg, 20 Grad, Wind, die Frisur hält, die Sonnenbrille sitzt …

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Als Nächstes eine gewagte Kombination mit kleinen, roten Hörnchen beim AC/DC-Konzert in Nürnberg (letztes großes gemeinsames Event Ihrer Sonnenbrille mit mir – war total g…)

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Das letzte Foto hilft Ihnen, die Brille zu beschreiben, wenn Sie sie mal irgendwo liegen lassen – grins.

Wenn Sie weitere Geschenke benötigen, wenden Sie sich an mich. Gerne gebe ich Ihnen noch andere Dinge von mir ab.

Ganz liebe Grüße und alles Gute für Sie

Von süßen Abschieden und Wiedersehen

Wie die paar REHA Wochen verflogen sind! Es war so wunderbar erholsam, viel Zeit für mich, kein bisschen Stress oder Hektik, viele nette Menschen, die mir begegnet sind. Die meisten davon sehe ich sicher nie wieder und die Erinnerung an sie wird nach und nach verblassen. Andere werden mich vielleicht noch ein Stück meines Lebens begleiten, bevor der Kontakt abbricht. Wird es auch den einen oder anderen Menschen geben, der bleibt? Werde ich diese Menschen wieder sehen?

Anika, Andrea und Uta hatte ich bei meiner letzten REHA 2011 kennen gelernt. Wir hingen vier Wochen lang so gut wie jeden Tag zusammen. Es hat einfach von Anfang an gepasst zwischen uns – eine Wellenlänge 🙂 Nach der Reha blieben wir über Facebook, WhatsApp und/oder Telefon in Kontakt. Mal mehr, mal weiniger – zumindest haben wir uns nie aus den Augen verloren. Wir HABEN uns wieder gesehen! Es gab ein lustiges Kur-Revival an den alten „Tatorten“. Das war richtig schön! Andrea hat mich auch mal zuhause besucht. Bestimmt ergibt sich irgendwann die Zeit für einen Gegenbesuch – wir bleiben am Ball.

Was habe ich mich gefreut, als Anika und Andrea mich bei dieser REHA besucht haben! Noch ein Wiedersehen! Natürlich wurde das mit frisch gebackenen Waffeln und einer gehörigen Portion heißen Kirschen mit Sahne darauf gefeiert – hmmmm – wie damals in Bad Sooden-Allendorf.

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Und nächste Woche, wenn ich zur CeBIT nach Hannover fahre, da treffe ich endlich auch Uta wieder, wie ich mich darauf freue!

Bei dieser REHA lernte ich unter anderem Elena, Anja, Sandra und Natalia kennen. Mit Anja verbindet mich der gleiche Beruf und natürlich mussten wir uns längst darüber austauschen, wie uns der Wiedereinstieg ins Berufsleben gelungen ist. Ich denke daran, wie wir abends zusammen gesessen und gehäkelt haben. Sie eine Mütze für ihren Mann, ich einen Pullover für mich. Elena hab ich das Stricken beigebracht. An ihrem letzten Abend saßen wir noch lange zusammen und ich war sehr beeindruckt, wie toll ihr Schal geworden ist.

Winfried und ich senden uns immer mal wieder lustige Fotos und Filmchen per WhatsApp hin und her und mit Natalia und Elena habe ich auch schon mal kurz telefoniert. Sandra sehe ich auf Facebook und wir schreiben uns gelegentlich ein paar Zeilen auf dem Handy hin und her, sie heiratet bald, ist schon sehr aufgeregt und hat jede Menge zu organisieren für ihren großen Tag.

Wenn ich an die Abschiede denke, dann einerseits etwas traurig, andererseits muss ich schmunzeln, wenn ich an die kleinen Aufmerksamkeiten denke, die ausgetauscht wurden. Elena hat eine wunderschöne Karte für mich gefunden, die so gut zu mir passen würde, wie sie fand und schrieb mir ein paar ganz liebe Worte als Erinnerung hinein. Mir gefällt die Karte. Wenn ich sie angucke, denke ich an Elena und an den lustigen Abend in „Fänkis Hütte“ oder an die leckeren Törtchen im „Kaffeehaus 1825“. Ja, wir haben gelegentlich kulinarisch gesündigt 😉 und es nicht bereut.

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Und dann waren da die süßen Grüße. Sogar in meinem Postfach fand ich sie! Die „Durchbeißer“ – die waren vom Udo, damit hat er mich jeden Abend versorgt, wenn wir nach dem Abendessen noch ein Stündchen zusammen an dem großen Tisch in der Lobby saßen, uns unterhielten oder uns mit dem lahmen W-LAN herum plagten, um unsere Mails zu checken usw. Ich wollte ja eigentlich den Süßigkeiten widerstehen, aber irgendwie ging das nicht. Erst wenn kein Durchbeißer mehr auf dem Tisch lag, zog ich mich auf mein Zimmer zurück. In der Regel ging das relativ schnell …

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Den Glückskäfer hab ich beim Frühstück auf meinem Platz im Speisesaal gefunden, mit dem hat mir Anja bei ihrem Abschied den Tag versüßt. Wer mir die längsten Pralinen der Welt ins Postfach gelegt hat, das weiß ich leider nicht so genau, da kann ich nur spekulieren … Auf jeden Fall habe ich mich auch darüber gefreut und musste schmunzeln.

Bin ich denn wirklich so eine Naschkatze?

Und die Nacht hat noch so viele Stunden

Wie schön es ist, wenn ich einem Menschen begegne, dem ich mich anvertrauen kann, der zuhört, nachfragt, sich interessiert, aufmerksam ist – einfach nur da ist. Nur wenigen Menschen kann ich mich öffnen. Es braucht meist eine gewisse Zeit, um jemandem zu vertrauen.

Ich traf einen Menschen, bei dem ich nach einer Zeit das Gefühl hatte, da kann ich reden, auch wenn oder gerade weil da eine gewisse Distanz besteht, die vielleicht dafür genau richtig und angebracht ist. Es fand sich endlich eine Gelegenheit und ich fing an und erzählte. Scheibchenweise, in kleine Episoden verpackt, begann ich also. Es tat so gut, es war so befreiend. Die Zeit verflog dabei nur so. Worte sprudelten wie Wasser aus einer Quelle. Ich ließ sie sprudeln. Es tat wirklich gut.

Doch dann war plötzlich die (Rede-)Zeit um. Das Sprudeln musste aufhören, wurde abgebrochen, weil sich die Situation verändert hat. Es waren noch lange nicht alle Worte gesagt, die Geschichte mittendrin beendet.

Nun sitz ich da. Die unausgesprochen Gedanken wirbeln in meinem Kopf umher. Sie wollen heraus, aber da ist keiner mehr, der zuhört, dem ich sie anvertrauen kann. Mag ich sie überhaupt nochmal jemanden anvertrauen?

Ich fühle mich allein, enttäuscht, traurig. Ich bereue, überhaupt etwas gesagt zu haben, denn damit habe ich mich verletzlich gemacht. Vielleicht habe ich sogar ein ganz falsches Bild von mir hinterlassen, weil die Geschichte nicht vollständig erzählt war.

So grüble ich vor mich hin, komme nicht zur Ruhe, kann nicht einschlafen, warte. Worauf warte ich eigentlich?

Und die Nacht hat noch so viele Stunden.