Ein Hoch auf den VEB – Der „UNKRAUTSAUGER“ aus Oberlind

Die Rosen mussten weg. Wenigstens die zwei Sträucher auf der einen Seite vor der Terrasse kurz vor dem Eingang. Zum Einen hatte der Rosenrost erbarmungslos zugeschlagen und ich das rechtzeitige Spritzen versäumt, zum Anderen waren sie in den letzten Jahren so üppig gewachsen, dass sie bis auf den sowieso schon schmalen Pflasterweg über hingen und Besucher einen Bogen machen mussten, damit sie sich nicht an den Dornen verletzten.

Nach dem Ausgraben der Sträucher lagen die vergammelten, rosenrostigen Blätter auf Weg, Rabatte und – na prima! – auch noch hinter dem schmalen Plastikstreifen, den ich in die Erde gesteckt hatte, damit diese wegen ihrer Feuchtigkeit von der Mauer der Terrasse abgegrenzt war. Ich entsorgte als erstes die Blätter auf dem Weg und der Rabatte und überlegte mir dabei, wie ich diese neu gestalten würde. Sehr groß ist die Fläche nicht, trotzdem sollte es schön aussehen. Mir kam ein wunderschöner Vorgarten in den Sinn, an dem ich immer jeden Freitag auf dem Weg zur Klinik vorbei fuhr und nahm mir vor, diese Woche mal dort anzuhalten und zu gucken, was da so alles wächst.

Aber erstmal musste ich irgendwie die verdorrten Blätter in der schmalen Ritze hinter dem Streifen heraus puhlen. Es sollte möglichst schnell gehen und danach sollte alles pikobello sauber sein. Als ich gerade so sinnierte, kam mein Mann aus der Scheune und mit ihm kam mir die Idee – wir haben doch noch den alten Staubsauger hinten im Hühnerstall, der musste mal wieder ran. Also zur Erklärung: Wir haben keine Hühner mehr, nur noch den ehemaligen Stall. Darin hat sich alles Mögliche angesammelt, was wir im Haus nicht mehr gebrauchen können, aber auch noch nicht wegwerfen wollen sowie diverse Ersatzteile und anderer Krimskrams.

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Ich wollte erst rufen: Kannst du mal bitte den alten Staubi mitbringen? Entschied mich dann aber für: Schahatz? Kannst du mal bitte den UNKRAUTSAUGER mitbringen? Dafür erntete ich zunächst einen verständnislosen Blick, dafür gingen aber sofort zwei Köpfe auf dem Balkon der Nachbarschaft in die Höhe, Blick gespannt in unsere Richtung, mit einem Gesichtsausdruck: Die haben aber auch alles! wie ich bei einem flüchtig-belustigten Blick in ihre Richtung bemerkte. Ich ergänzte schnell noch vielsagend: Du weißt doch, hinten im Hühnerstall … ahhh, er begriff, grinste und verschwand Richtung Scheune, um kurz darauf mit einem nicht mehr ganz taufrischen, leicht lädierten, aber durchaus noch voll funktionstüchtigen Staubsauger aus den 60er Jahren aufzutauchen. Soll ich dir den UNKRAUTSAUGER gleich anschließen? Fragte er, wickelte bereits das Kabel ab und steckte die Fugendüse auf. Die Köpfe auf dem Balkon gingen noch ein bisschen höher, denn dummerweise, versperrten ein paar Sträucher die freie Sicht. Wir fanden es sehr amüsant, doch dann widmeten wir uns voll und ganz der restlosen Beseitigung des alten Laubs – ging ruck zuck. Ja, okay, mit Harry Potters Feuerblitz ist er nicht zu vergleichen, so geht er bei Weitem nicht ab mit seinen 250 Watt … Aber immerhin!

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Tja, kaum zu glauben: das fast 60 Jahre alte Gerät ist einfach nicht unterzukriegen! Es saugt nach wie vor und darüber hinaus hat es einen enormen Unterhaltungswert – zumindest für unsere Nachbarschaft 😉 Da soll noch mal einer sagen, in der DDR wurde nichts Gescheites produziert – lach.

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Wozu brauch ich auf Mauritius einen Loop?

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Draußen nieselt es trostlos vor sich hin. Trotzdem stehe ich, ausgerüstet mit wetterfester Kleidung und meinen Nordic-Walking-Stöcken,  pünktlich am Ausgang der Reha-Klinik. Der MP3-Player steckt unter der Schirmmütze – er soll ja schließlich nicht nass werden bei dem Sauwetter. Außerdem ist mir die Tage eh der Clip zum Anstecken abgebrochen. Die Kopfhörer habe ich mir bereits in die Ohren gestöpselt. Beschallung mit AC/DC ist startklar – ich sehe mich gedanklich schon am 8. Mai auf dem Zeppelinsfeld in Nürnberg bei ihrem Konzert – freu!  Wie gut, dass mir der liebe Weihnachtsmann eine Karte dafür gebracht hat.

Nach und nach trudeln die anderen Patienten ein, die heute auch um 14.00 Uhr Walking auf ihrem „Stundenplan“ stehen haben. Die Therapeutin teilt uns mit, dass wir heute wegen des Wetters eine kürzere Strecke laufen werden, also nur ca. 40 Minuten unterwegs sind. Sie erklärt uns kurz den Weg und überlässt dann jedem das Tempo – find ich gut. Ich schätze, dass ich mit meinen langen Beinen vermutlich nur 30 Minuten brauchen werde. Aber egal, ich hab jetzt richtig Lust auf frische Luft, flotte Bewegung und „Rock or Bust“. Na dann woll`n wir mal …

Es geht bergab bis zur Baumschule, ein Stück entlang der Straße, „Play Ball“, vorbei an der Tankstelle. Dann glaube ich, das Wasser schon riechen zu können. Ein schwarzer Porsche kommt von links. Ich bleibe stehen – er hat schließlich die stärkeren Argumente als ich Fußgänger. Ein nicht mehr ganz taufrischer Herr mit graumelierten Haaren sitzt hinter dem Steuer. Er gibt mir gnädig ein Handzeichen, damit ich zuerst vorbei laufen darf, bevor er sein Grundstück mit der Villa darauf verlässt. Ich nicke ihm lächelnd unter der Schirmmütze hervor zu – das ist ja mal ein netter Geldsack, denke ich mir dabei 😉 „Rock the Blues Away“

Beim Laufen gucke ich mir gerne die Häuser und Grundstücke an. In manchen Fenstern hängt immer noch die Weihnachtsdeko. In vielen Gärten sehe ich Boote. Es muss schön sein, so dicht am Wasser zu wohnen, möchte aber nicht wissen, was hier die Grundstücke kosten. Das eine Haus erinnert mich irgendwie an die Villa Kunterbunt. „Miss Adventure“  Das Grundstück ist nicht sehr groß, wirkt total überladen, vielleicht etwas verspielt, Gesamteindruck irgendwie ungepflegt. Dabei hat es so eine schöne Lage. Naja, wenn die Leute es so mögen. Das Haus daneben ist noch nicht ganz fertig. Es ist das Gegenteil von seinem Nachbarhaus, klare Formen, große bodentiefe Fenster. Die ganze Vorderseite ist verglast. Es wirkt großzügig, offen und strukturiert – ich kann mir gut vorstellen, wie ich es mir einrichten würde, wenn es mein Haus wäre …           „Dogs of War“

Ich laufe nun direkt auf der Promenade am Ufer entlang. Der Wind kommt mir entgegen und treibt mir den Nieselregen ins Gesicht. Ich empfinde es als angenehm, denn ich bin erhitzt vom zügigen Laufen. Da ist ja schon der Campingplatz. Die Wohnwagen und Boote der Dauercamper stehen einsam da, es ist keine Menschenseele zu sehen. Erst am Wochenende zieht hier wieder Leben ein. „Got Some Rock & Roll Thunder“

Weiter vorne sehe ich den Yachthafen und die Segelschule. Ich erinnere mich an einen Segelausflug auf dem Scharmützelsee, J1 war damals vielleicht drei oder 4 Jahre alt. Ich glaube, unser Urlaubsort hieß Wendisch-Rietz und es war sehr schön. Wir wohnten in Bungalows direkt am See und hatten herrliches Wetter. „Hard Times“ – lach, nein, es waren schöne Zeiten 😉

Die Wettertafel zeigt eine Lufttemperatur von 3,7 Grad Celsius und 100 % Luftfeuchtigkeit an. Mir kommt es milder vor. Wahrscheinlich weil ich mich recht flott bewege. Neben dem Weg oder dort, wo am Wochenende nicht geräumt wurde, liegen noch armselige Schneereste. Der Winter ist in diesem Jahr eher faul. Frau Holle scheint entweder in den Winterschlaf gefallen zu sein oder sie kann an die Goldmarie den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn nicht zahlen. Hm, was für ein Dilemma! „Baptism by Fire“

Wo sind die anderen eigentlich? Zwei sind vor mir, der Rest unserer Gruppe irgendwo hinter mir, ich kann sie nicht sehen. Die letzten Meter am Wasser – dann führt mich der Weg bergan Richtung Straße. „Rock the House“

Das letzte Stück ist anstrengend, ich gehe etwas langsamer, damit mein Puls im grünen Bereich bleibt. Bei „Sweet Candy“ lege ich die paar Meter bis zur Klinik zurück und höre die letzten Takte von „Emission Control“, als meine Zimmertür ins Schloss fällt. Super! Das ganze Album bis zum letzten Ton gehört – das hat doch was!

Boah, meine Klamotten sind feucht und ich bin k.o. Die Erkältung von letzter Woche steckt doch noch ein bisschen in mir. Ich ziehe Jacke, Mütze und Schuhe aus, trinke ein Glas Wasser und sinke erschöpft auf mein Bett, nur kurz, dann will ich duschen und zu diesem Vortrag gehen, der auf meinem Stundenplan steht, nur ganz kurz ausruhen … zwei Minuten oder so …

… Ich liege entspannt da. Es ist wunderbar warm. Die Sonne scheint. Leise Musik und Vogelgezwitscher umgeben mich. Die Palmen vor der Terrasse wiegen sich im leichten Wind, der vom Meer herüber weht. Aus unserer Villa kommt Boy mit einem Tablett in der Hand. Ah, mein Drink! Ich räkle mich lasziv auf meiner Liege und schiebe die Sonnenbrille nach oben. Was für einen geilen Knackarsch er doch hat, denk ich mir und verfolge jede seiner Bewegungen. Er scheint meine Gedanken lesen zu können und lächelt süffisant, während er mir den Drink serviert. Ich weiß, dass er auf afrikanische Schönheiten wie mich steht. Er weiß, dass ich voll auf ihn abfahre, seine helle Haut, die blonden, schulterlangen Haare, sein markantes Kinn … Boy stammt aus Deutschland, er lebt und arbeitet nun schon seit 15 Jahren hier bei uns auf Mauritius. Da sich mein vielbeschäftigter Ehemann heute wieder den ganzen Tag und die halbe Nacht im Club sowie auf unserer Yacht aufhalten wird und „Geschäfte“ erledigen muss, wird ihn Boy, der eigentlich Andreas heißt, wie jeden Tag hier vertreten und all seine Pflichten übernehmen … ALLE! Hach, was für ein herrliches Leben! Ich brauche nur nach ihm zu läuten …

Oh, Mist, Telefon klingelt. Ausgerechnet jetzt, wo es spannend wird – menno! „Kommst du dann mit ins Dorf? Wir wollten nochmal in den Laden mit der Wolle.“ schallt es durch die Muschel. Wolle? Was war da doch gleich? Wir wollten uns einen Loop stricken. Ähm, ach ja stimmt. Aber ich hab heut echt keine Lust drauf, nochmal raus zu gehen, einmal Regen langt mir am Tag. Also sage ich ab. Muss eh duschen und zu dem Vortrag.

Außerdem – wozu brauche ich auf Mauritius einen Loop??? 😉