Urlaubsnachlese

Den ersten Schnee hat es in den Höhenlagen des Thüringer Waldes schon gegeben. Mal sehen, wie der Winter heuer wird. Die letzten beiden Jahre war nicht viel los mit weißer Pracht und so. Ich lass mich überraschen. Letztendlich müssen wir das Wetter nehmen, wie es kommt. Die Winterräder am Auto sind drauf. Ein paar andere Dinge, die ich für eventuelle Fälle unterwegs brauchen könnte, habe ich ebenfalls bereits im Auto: Wolldecke, Eiskratzer, kleiner Handbesen, Scheibenenteiserspray, Mütze, Handschuhe, Taschenwärmer für die Hände usw.

Voriges Wochenende habe ich meinen letzten Mittagsschlaf für dieses Jahr im Auto gemacht. Nach dem frühem Aufstehen und einer Wanderung am Rennsteig hat mir das richtig gut getan. Am darauffolgenden Tag räumte ich Matratze und Schlafsack ganz schweren Herzens nun doch endlich aus. Die Sachen hatte ich die ganze Zeit seit dem Urlaub noch im Auto gelassen. Das war praktisch, denn meine Mittagspausen auf Arbeit verbrachte ich den ganzen September lang fast täglich im Auto bei einem Nickerchen. Wie entspannend! Mein Plan war eigentlich, dass ich mir noch mal eine kleine Auszeit gönne und meine letzten paar Urlaubstage ganz locker per Seatcamping (huiiii – ein neues Wohort) an der Ostsee verbringe, so wie ich es im August schon mal getan hatte, auf der Insel Poel, was war die Woche herrlich … Wahrscheinlich würde ich mir da jetzt in der Nacht den Hintern abfrieren, wo ich doch so eine Frostbeule bin. Trotzdem sehne ich mich ans Meer zurück und immer wenn ich ein Autobahnhinweisschild sehe, möchte ich am liebsten losdüsen und alles für ein paar Tage hinter mir lassen.

Beim Ausräumen und Verstauen der „Autocamping“-Sachen dachte ich an ein paar kuriose Begebenheiten der letzten Wochen.

Kurz nach meinem Urlaub, Matratze, Schlafsack und Kopfkissen lagen wie erwähnt für den nächsten Kurztrip noch im Auto, wollte ich für die Kollegen auf Arbeit nachträglich etwas auf meinen Geburtstag ausgeben. Also fuhr ich nach einem langen Arbeitstag zum Supermarkt. Ich wollte schnell heim kommen und schob hastig meinen Einkaufswagen durch die Gänge. Wie gut, dass ich mir einen Einkaufszettel geschrieben hatte, da brauchte ich meinen Kopf nicht unnötig anzustrengen, denn der war sowieso voll mit vielen anderen Gedanken. An der Kasse ging es zügig und schon stand ich mit meinem vollen Einkaufswagen auf dem Rollband Richtung Parkdeck im Untergeschoss.

Untergeschoss? Ich stutzte und plötzlich fiel mir ein, dass mein Auto ja gar nicht unten stand sondern oben gleich gegenüber vom Haupteingang. Ich versuchte einer spontanen Eingebung folgend meinen Einkaufswagen rückwärts vom Rollband nach oben zu ziehen, was natürlich vollkommen aussichtslos war und sicher urkomisch ausgesehen haben muss, deshalb hörte ich damit auf, guckte mich um, ob es auch ja keiner gesehen hat, und musste plötzlich über mich selbst lachen.

Unten kam gerade ein Mann um die Ecke herum und betrat mit seinem Einkaufswagen voller Leergut das Rollband auf der anderen Seite, das nach oben führte.

Situation:

Mann sieht Frau mit vollem Einkaufswagen auf dem Rollband nach unten, sie ist ganz allein und sie lacht laut und herzhaft.

Frau sieht Mann mit Einkaufswagen voller leerer Flaschen auf dem Rollband nach oben, er ist allein, er schaut sie an, kratzt sich hinter dem Ohr und zieht die Stirn kraus. 

Ich musste noch mehr lachen, als ich sein Gesicht sah. Ich wollte mit dem Lachen aufhören, aber es ging nicht. Wenn ich angestrengt versuche, nicht zu lachen, dann muss ich erst recht lachen. Also versuchte ich nicht weiter, nicht zu lachen. Er grinste und guckte sich verunsichert um. Also fragte er mich, was denn so lustig wäre. Mir standen schon Tränen in den Augen und so brachte ich nur: „Mein Auto …“ heraus und zeigte mit dem ausgestreckten Arm nach oben während ich weiter nach unten fuhr und ununterbrochen weiter lachen musste. Er verstand sofort, was ich meinte, nickte und musste nun auch herzhaft lachen. Unten angekommen, inzwischen hatten hinter mir zwei weitere Personen mit ihren voll beladenen Einkaufswägen das Band betreten, beschrieb ich einen eleganten Bogen, wischte mir dabei schnell die Lachtränen aus dem Gesicht, und ließ mich und meinen vollen Einkaufswagen von dem Band auf der anderen Seite wieder nach oben transportieren. Ich verkniff mir diesmal unter allergrößten Mühen das Lachen, versuchte eine gleichgültige Mine aufzusetzen (ja, ganz so gleichgültig war sie doch nicht,  die Mundwinkel haben schon tüchtig gezuckt) und schaute die beiden Leute auf dem Band nach unten an, als ob es ganz normal wäre, mit den Einkäufen zum Zeitvertreib hoch und runter zu fahren.

Oben stand der Mann und wartete darauf, mir redselig mitteilen zu können, dass ihm das auch schon passiert wäre. In großen Parkhäusern schreibe er sich sogar die Nummern des Parkplatzes auf. Na also, gibt es noch mehr so zerstreute Menschen. Ich zollte ihm Anerkennung für die gute Idee mit dem Aufschreiben, wir lachten nochmal zusammen und während er zum Leergutautomaten ging, nahm ich diesmal den richtigen Ausgang, schmunzelte noch ein bisschen in mich rein und wollte anfangen, die Einkäufe im Auto zu verstauen (hatte ich irgendwann schon mal erwähnt, dass ich Einkaufen hasse?)

Wie ein riesiges Maul sperrte die fünfte Tür meines Autos ihren Rachen auf und gab den Blick frei auf eine Matratze, Kopfkissen, Schlafsack, Wasserkanister, Klopapierrolle, Taschenlampe, Insektenspray, Regenschirm und eine provisorische „Wäscheleine“ aus Paketschnur mit vier blauen Klammern daran. Ich hatte die Schnur zwischen den Haltegriffen an der Decke neben den Rücksitzen gespannt – clever, ne?

Zu dumm nur, dass ich die Klappboxen für die Einkäufe nicht dabei hatte. So ein Mist aber auch! Mann, eh, jetzt musste ich den ganzen Einkauf so ins Auto legen, das macht mir wieder mehr Arbeit daheim. Fast wäre meine gute Stimmung von eben wieder verflogen gewesen. Als ich gerade dabei war, etwas unmotiviert Frischkäse, Baguettes (natürlich in der Tüte), schwarzen Tee, Bohnenkaffee, Pizzagewürz, Mozzarella … kurzum meine Einkäufe einzeln, immer schön nacheinander wie Wurfscheiben lässig aus dem Handgelenk heraus ins Innere des durch Matratze, Schlafsack und Kissen gepolsterten Autos zu befördern, als plötzlich der Mann vom Rollband noch mal lachend auf mich zugelaufen kam und schon aus geraumer Entfernung anfing zu berichten, dass er sogar schon mehrmals den Wertbon für das Leergut, dabei schwenkte er diesen demonstrativ in der Hand, in dem Automat hatte liegen … Doch in diesem Augenblick verschlug es ihm abrupt die Sprache, denn er war bei meinem Auto angekommen und starrte in das Maul des Kofferraums hinein. Er sah nicht das darin, was er scheinbar erwartet hatte. Auf meinem Schlafsack und dem Kopfkissen lagen inzwischen neben den oben genannten Sachen noch Haarwäsche, Rasierklingen, Servietten, Katzenfutter, zwei Stumpenkerzen, ein halbes Brot, eine Flasche Riesling, Gummihandschuhe u.a. Er guckte mich ganz sonderbar mit etwas zur Seite geneigtem Kopf an. Irgendwie sah er leicht verstört aus. Ich guckte zurück, sehr entspannt und lächelnd, hob kurz die Schultern und erklärte ziemlich glaubhaft, während ich locker-flockig noch eine Packung Vanillezucker und Kaugummis ins Auto schleuderte: „Naja, auf Besuch bin ich heut eigentlich nicht eingestellt, sonst hätte ich vorher etwas aufgeräumt. Gefällt`s Ihnen nicht bei mir? Also, ja, im Winter wird es manchmal etwas frisch, aber die paar Monate gehen auch schnell rum, ne? Und durch den Klimawandel wird das ja nicht mehr ganz so kalt …“  Dabei nickte ich überzeugt. Er brachte noch ein „Ja, ach so, ja klar. Ich muss dann auch wieder …“ zustande und war dann ziemlich schnell im Inneren des Supermarktes verschwunden. Meine Laune hatte sich schlagartig verbessert.

Vergnügt fuhr ich an Hibu Ost vorbei Richtung Innenstadt. Nur einen ganz winzigen Augenblick lang zögerte ich an der Kreuzung mit dem Wegweiser Richtung Autobahn, seufzte kurz und fuhr nicht dorthin, wo ich gerne hin gefahren wäre, obwohl ich meinte, für einen kurzen Moment eine Möwe kreischen gehört zu haben.

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Ich fuhr einfach heim.

Verführungen

… sie lauern überall. Ich brauche nur die Augen zu schließen, dann stelle ich sie mir lebhaft vor. Ganz klar und deutlich sehe ich sie verlockend vor mir liegen, zum Greifen nah, unwiderstehlich, zum Reinbeißen, meinem lüsternen Gaumen gnadenlos ausgeliefert – hach … seufz!

Aber ich bin stark! Ich hab mich voll unter Kontrolle, absolut, total – wenn ich will. Will ich? Ja, ich will! („Grrrrrrrrrrrr!“ grummelt der Teufel in mir, während mir das Engelchen anerkennend auf die Schulter klopft).

Also gehe ich entschlossen an diesem Stand im Eingangsbereich des Supermarktes vorbei, wo diese freundlich lächelnde Frau steht und frisch gebackene Waffeln anbietet, die sowas von lecker duften, dass mir das Wasser im Munde zusammen läuft. Nein, ich schaue gar nicht hin. Keines Blickes würdige ich sie! Wer so hinterlistig und gemein ist und arglose Kundinnen solche Versuchungen zumutet, den gucke ich nicht mit dem Hintern an. So – das hat sie nun davon! Haha, so schnell, wie ich an ihr vorbei bin, so schnell kann sie nicht mal Schokosahne sagen.

Ich atme tief durch und konzentriere mich auf in Plastikbechern verpackte, bereits in mundgerechte Stücke geschnittene, frische Ananas, die mir als nächstes ins Auge fallen. Och nö, muss nicht sein. Das Obst in der Klinik reicht mir aus. Jeden Morgen ein Apfel oder  ´ne Birne, ab und zu Orangen, es gab auch mal Bananen – passt schon, besonders die leckeren Salate mittags und abends, da könnt ich mich manchmal reinlegen.

Doch da nähere ich mich schon der nächsten Versuchung. Mein Blick fällt auf die Tüten mit den Schweinsöhrchen, hmmm! Ohne, dass ich es will, greife ich danach. Mein Teufelchen hält schon erwartend die Luft an. So eine Tüte mit leckerem, leider völlig ungesundem, weil viel zu fettem Blätterteiggebäck verdrücke ich locker mal eben zwischendurch, zwischen Tagesschau und 21.00 Uhr oder so. Egal, auf jeden Fall scheint da irgendeine Zutat drin zu sein, die süchtig machen muss. Während ich die Tüte und besonders deren Inhalt mit schmachtendem Blick betrachte, mein Teufelchen aufgeregt in die Hände klatscht und mir schon wieder das Wasser im Munde zusammen läuft, höre ich ein dünnes Stimmchen im Hintergrund rufen: „Nein! Tu es nicht! Denk an deine Triclyceride!“ Ach ja, mein Engelchen spielt wieder Mal Gewissen! Gehorsam stelle ich die Tüte zurück – brave Heike!

Ich schaffe es, ganz locker und entspannt an all den anderen Verlockungen in dem gefühlt mindestens 100 Meter langen Regal voller Naschereien vorbei zu schlendern. Wow, bin ich cool! Also: Bauch rein, Brust raus, Kopf hoch: ja, ich bin schlank, schön und sexy – wozu brauche ich Süßigkeiten? Selbstsicher und jeglicher Versuchung erhaben schiebe ich lässig meinen Einkaufswagen in einen Seitengang, finde in der Bio-Abteilung Dinkelbrezeln, beschließe kurz entschlossen, diese als „Ersatz“ mal auszuprobieren (immerhin sind sie nicht süß), packe noch Zahnpasta und Deo in den Korb und stelle mich in der Schlange an der Kasse an.

Es schnuppert verdammt gut nach Waffeln, während ich auf das Abkassieren warte. Menno! Das ist gemein. Schnell bezahle ich und eile an der Waffeldame vorbei nach draußen. Ich frage mich, ob sie abends daheim auch noch nach Waffeln riecht … Bestimmt! Vielleicht sagt ihr Mann dann zu ihr: „Liebling, darf ich ein wenig an deiner Waffel knabbern?“ oder „Hey, mein heißes Eisen, wie wär`s heut` mit einer Extraportion Sahne?“  😉

Mir geht der Waffelgeruch jedenfalls nicht aus der Nase. Den halben Rückweg lang denke ich an nichts anderes. Trotzdem bin ich wahnsinnig stolz auf mich. Das Teufelchen schmollt mit mir, das Engelchen frohlockt und streichelt voller Mitgefühl die Hörner des Teufelchens.

Als ich die Lobby der Klinik betrete– ich hatte gerade darüber nachgedacht, ob ich gleich eine Dinkelbrezel esse oder bis nach dem Abendessen warte – trifft es mich wie einen Schlag. Die ganze Eingangshalle ist waffelduftgeschwängert –Neeeeeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiin!!!!!!!!! Das war`s dann also. Alle guten Vorsätze sind dahin. Scheibenkleister!

Okay, gut. Ich bin auch nur ein Mensch. Ein Genussmensch. Überhaupt, ich finde, man lebt ja nur einmal, oder? Ich verbündete mich mit dem Teufelchen. Auf der Stelle tat ich das. Keine Chance für Engelchen und sein Gewissen. Pfeif auf die Triclyceride! Natürlich hätte ich ohne mit der Wimper zu zucken in mein Zimmer gehen und Dinkelbrezel essen können. Es wäre mir ein Leichtes gewesen. Aber das wollte ich gerade in diesem Moment nicht. Wenn ich in dieser Klinik etwas gelernt habe, dann unter anderem auch das, mir etwas Gutes zu tun, wann immer mir danach zumute ist. Das tat ich jetzt.

Und weil man bekanntlicherweise auf einem Bein schlecht stehen kann, nahm ich für das andere Bein auch gleich noch was mit. So gönnte ich dem rechten Bein eine frisch gebackene Waffel mit heißen Kirschen und Sahne sowie einen schwarzen Tee mit Kandiszucker und Sahne, das linke Bein bekam ein Stück Mandarinenkuchen und eine große Tasse Kakao ohne Sahne, man muss es ja schließlich nicht gleich übertreiben. Das fand ich sehr fair von mir, beide Beine gleichermaßen gerecht bedacht zu haben. Außerdem sind meine Beine sooo lang, da passt schon was rein, stimmt´s, mein allerliebstes Teufelchen?

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Nie wieder Supermarkt!

Einkaufen (außer Schuhe) ist für mich Strafarbeit und mit das Schlimmste und Zeitraubendste am ganzen Haushalt. Erst Zettel schreiben, damit man auch nix vergisst, Einkaufskörbe und Leergut im Auto verstauen und nach Feierabend, wenn man eh schon gerädert ist, auch noch diese (für mich) Tortur hinter sich bringen.

Mit der mir nach einem anstrengenden Arbeitstag noch verbliebenen Konzentration begebe ich mich in den Supermarkt.

Ich finde es doof, dass das Obst und Gemüse gleich am Anfang liegt. Wenn ich dann weiter hinten schwerere Sachen in den Korb lege, wie Konserven, Mehl, mal ne Flasche Wein oder gar Reinigungs- und Waschmittel, die ziemlich schwer sind, fange ich immer an, meinen Korb um zu sortieren, damit ich die frischen Sachen nicht zerquetsche.

Manchmal kam es schon vor, dass ich irgendwo unterwegs meinen Zettel verloren hatte. Mein Korb war trotzdem immer voll. Nur mit lauter Sachen, die ich gar nicht kaufen wollte.

Wenn ich dann so langsam Richtung Kasse vorstoße und glaube alles zu haben, was wir die nächsten Tage zum (Über-)Leben brauchen, verschaffe ich mir mit geübtem Blick eine Übersicht, an welcher Kasse meine Chancen am besten stehen, möglichst schnell dran zu kommen. Mein Blick ist leider oft nicht der beste. Aber darüber bin ich sehr erhaben. Ich tue dann einfach so, als habe ich viel Zeit und Geduld, setzte eine „ach-was-für-ein-schöner-Tag“ Miene auf. Das hilft sogar! Echt! Und wenn hinter mir ein ganz eiliger Mensch mit nur einem Päckchen Kaffee und einem einzigen Joghurt steht, dann bitte ich ihn großzügig lächelnd vorbei: „Sie haben doch nur das bisschen …!“ Schon hab ich wieder eine gute Tat vollbracht. ist das nicht schöööööön?

Ich staple alle Waren auf das Band. Dazu habe ich viel Zeit, denn mein Vorgänger scheint sich für den Weltuntergang einzudecken und der Mensch mit dem Kaffee und dem Joghurt steht auch noch zwischen uns (der andere hat ihn nämlich nicht vor gelassen). Natürlich gehe ich systematisch beim Auflegen auf das Band vor: alle schweren Sachen zuerst, damit die dann im Wagen untern drin liegen, alle leichten Sachen, Obst, Gemüse und Eier zuletzt. Perfekt!

Endlich bin ich an der Reihe! Der Kaffeemensch lächelt mir noch einmal freundlich zu, wirft einen respektvollen Daumenhochblick auf mein wohlsortiertes Warensortiment auf dem Band und ist verschwunden. Die Verkäuferin zieht alle Waren über den Scanner (geht ihr das ewige Piepsen nicht auf die Nerven?) und ich nehme jedes Teil ein drittes Mal in die Hand, um es danach wieder im Korb zu verstauen, bezahle und stelle am Auto mit Entsetzen fest, dass ich vergessen habe, die Einkaufskörbe in den Kofferraum zu legen. Stöhn! Nix dran zu ändern. Pappkartons liegen keine herum, also alles in den Kofferraum ohne Korb. Passiert halt mal. Das ist der Zeitpunkt, wo ich die Waren zum 4. Mal in die Hand nehmen muss. Zuhause angekommen, packe ich alles vom Kofferraum in Einkaufskörbe, schleppe die schweren Körbe ins Haus (denn meistens ist niemand da, der das für mich erledigen könnte) und dann räume ich alle Sachen dahin, wo sie hin gehören. Geschafft!

Wenn dann am Abend jemand fragt: „Warum hast du denn nicht mal … (das und das) mit gebracht?“, habe ich nur noch ein gequältes Lächeln übrig, sage: „Vergessen!“ oder „Stand leider nicht auf dem Einkaufszettel!“ denke aber in Wirklichkeit: „Ach, rutscht mir doch den Buckel runter!“.

Vielleicht ist es damit aber bald vorbei! Jaaaaaaaaaaaaaaaa!

Direkt vor unserer Haustür – besser gesagt vor unserer Einfahrt – haben wir einen mobilen Supermarkt (stark übertrieben!). Nicht immer, aber immerhin vermutlich mehrmals in der Woche. Auf Rädern – hm (ich nicke)! Genauer gesagt handelt es sich um spezielle Unternehmen, die ihre Waren mobil an den Mann/die Frau bringen wollen. Abnehmer gibt es genug, denn seit unser Laden im Dorf zu ist, naja …

Da ich wochentags gewöhnlich arbeite, habe ich noch nicht alle Zeiten heraus gefunden, in denen die Einwohner unseres Dorfes von fahrenden Händlern beglückt werden. Nur die Zeiten von Freitag – die weiß ich jetzt, denn gestern war ich mal daheim und hab richtig gestaunt.

Ich wunderte mich schon, warum gegen 9.45 Uhr mehrere ältere Menschen auf unser Haus zu kamen. Wollten die mich alle besuchen? Sie sammelten sich vor unserem Haus und warteten. Die halbe Nachbarschaft war auf den Beinen. Eine Frau holte dann sogar eine Plastikgartenbank aus dem Garten des Nachbars, es sah richtig gesellig aus.

10.01 Uhr hielt ein Auto vor unserer Einfahrt. Unter seiner Plane verbarg er einen richtigen Gemüseladen! Na guck mal an, dachte ich, wie praktisch. Es gab Obst, Gemüse, Blumensträuße und diverse Topfpflanzen, ich glaube sogar kleine Säcke mit Pflanzerde.

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Ich wollte mich gerade wieder in meinem Haushalt nützlich machen, als ein zweites Auto angefahren kam und genau hinter dem Gemüseauto parkte – die Landmetzgerei! Prima. Wurst, Fleisch, Saure Sahne usw. – bei Bedarf auch alles auf Bestellung – besser gehts doch gar nicht! Ich notierte mir sofort die Zeit: Ankunft 10.15 Uhr.

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Mit Spannung erwartete ich weitere Händler und freute mich schon insgeheim auf das Schuhauto, dass hoffentlich bald kommen würde. Aber zunächst kam kein weiterer Verkaufswagen. Der Obsthändler fuhr 10.31 Uhr, das Fleischer 10.46 Uhr wieder von dannen.

Bis 12.12 Uhr musste ich mich gedulden, dann kam der Bäcker. Na endlich, ich dachte schon, das geht nicht weiter. Bild

Auch der Bäcker hatte ein reichhaltiges Angebot. Neben Brot und Brötchen gab es eine gute Auswahl an Gebäck. Nach 16 Minuten war das Auto allerdings schon wieder verschwunden und zog im Vergleich zu den beiden anderen Händlern weniger Kundschaft an. Ich denke, hier sollte vom Management der Bäckerei dringend mal das Konzept überprüft werden …

Während ich mich immer noch auf das hoffentlich bald kommende Schuhauto freute, überlegte ich, was ich sonst noch bräuchte, um mir das lästige Einkaufen im Supermarkt für alle Zeiten zu ersparen. Also auf jeden Fall Drogerieerzeugnisse, das wäre mir wichtig. Vielleicht kommt das Auto ja an einem anderen Wochentag schon hier lang und ich weiß es nur noch nicht. Hmmmm, das muss ich unbedingt heraus finden.

Würde der Bäcker sein Konzept ändern und hätte diverse Süßikeiten (ich denke an Vollmilchschokolade mit ganzen Haselnüssen, Marzipankartoffeln und Nougatstangen) dabei, dann könnte ich den Süßigkeitenbedarf meines Mannes abdecken und er hätte bereits mindestens einen Kunden dazu gewonnen. Koch- und Backzutaten (Reis, Nudeln, Mehl, Zucker…)  im Sortiment wären auch nicht schlecht …

Ich wartete den ganzen Nachmittag vergeblich auf das Schuhauto. Och menno, wo ich doch so gerne Schuhe kaufe! Mein Mann ist zwar der Meinung, dass ich genug habe, aber was verstehen Männer schon davon?

Es kam kein Schuhauto 😦  Ich habe auch heraus gefunden, dass kein Drogerieauto kommt. Das finde ich nicht gut. Ich werde mich wohl darum kümmern müssen, damit sich diese untragbare Situation in Bälde ändert. Wir haben so viele ältere Menschen im Dorf und auch in den Nachbardörfern, man muss doch mal an den demographischen Wandel denken …

Unsere Einfahrt wäre dann sehr wahrscheinlich noch öfter zugeparkt, aber was macht das schon, wenn man so einen Luxus hat und nicht mehr woanders hin muss zum Einkaufen, gelle?

Ach, ich seh das alles ganz optimistisch – Hauptsache, das mit dem Schuhauto krieg ich irgendwie geregelt …