Schlaflos in Seattle – äh, in Morsleben

Also „Schlaflos in Morsleben“ ohne Tom Hanks 😉

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Morsleben liegt nicht mal in der Nähe von Seattle. Im Grund genommen sehr weit weg davon und sehr wahrscheinlich gibt es auch nicht wirklich viel Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Orten. Dass es für mich eine (fast) schlaflose Nacht (natürlich ohne Tom Hanks) in diesem kleinen Dorf in der Börde werden würde, ahnte ich natürlich nicht, als ich mein Auto vor dem wunderschön hergerichteten Bauernhaus abstellte.

Das Zimmer gefiel mir. Ich brauchte es zwar nur für eine Nacht, hatte aber nichts gegen eine gewisse Wohlfühlatmosphäre einzuwenden. Gegenüber der Tür ließen zwei Fenster Richtung Innenhof viel Licht in den Raum. Links stand mein Bett, rechts ein Sofa, in der Mitte ein Tisch mit Stühlen, dahinter ein Sideboard mit TV – also ein ziemlich großzügiges Zimmer. Rechts neben der Tür war ein Teil des Raumes abgetrennt für Dusche und WC, neu und modern. Prima!

Viel Gepäck hatte ich nicht mit rein genommen, meinen kleinen Rucksack mit den Dingen, die ich auf Reisen immer mit mir rum schleppe sowie eine Tasche mit den Kleidungsstücken für morgen und mit meinem Waschzeug. Ich hatte mir vorgenommen, nicht all zu spät ins Bett zu gehen, denn für den nächsten Morgen hatte ich mich zu einer Besichtigung des Endlagers Morsleben angemeldet und schon für halb sieben das Frühstück bestellt.

Das nette Ehepaar, das die Pension betreibt, hat weiter hinten im Garten einen gemütlichen Bungalow, da saß ich dann noch eine ganze Weile auf ihre freundliche Einladung hin mit den beiden zusammen und wir unterhielten uns sehr angeregt. Zufällig stammte die Frau aus meiner Gegend und freute sich, mal wieder ihre Mundart zu hören.

Es war so gegen 22.30 Uhr, als ich dann endlich in meinem wirklich gemütlichen Bett lag. Der Wecker in meinem Handy war auf 6.10 Uhr gestellt, meine Sachen lagen bereit, ich konnte beruhigt einschlafen. Jetzt machte sich auch die lange Autofahrt bemerkbar, sie hatte mich doch ziemlich erschöpft und mir fielen schnell die Augen zu.

Um halb zwei wachte ich auf, weil ich glaubte, etwas gehört zu haben. Ich lauschte in die Dunkelheit und hörte – nichts. Scheinbar hatte ich geträumt. Immerhin war ich nicht mal sicher, was genau ich gehört hatte. Gerade als ich noch so ein bisschen darüber nachdachte und schon fast wieder am Wegdämmern war, ertönte ziemlich vernehmlich ein Piepton, laut und deutlich. Na also, doch nicht geträumt!

Plötzlich hellwach schaltete ich die Nachttischlampe an und guckte mich um. Was war das? Mein Handy? So ein Ton kam da bisher eigentlich noch nicht raus, aber man kann ja nie wissen … Am Handy war alles wie immer, stellte ich nach kurzer Besichtigung fest. Vorsichtshalber guckte ich nochmal nach der Weckzeit, auch perfekt! Ich saß im Bett und hoffte, dass es noch einmal piepsen würde, damit ich die Richtung des Tones lokalisieren und ihn ausschalten konnte. Es blieb ruhig. Keine Ahnung, wie lang ich da auf der Bettkante saß und lauschte. Zwischendurch kippte ich ein paar Mal leicht ab, als mich die Müdigkeit übermannte, fing mich aber dann gleich wieder, um angestrengt weiter zu horchen, aber nichts rührte sich mehr. Es war vorbei. Ich knipste die Nachttischlampe aus, kuschelte mich unter meine Decke und war froh, meine Ruhe zu haben.

Genau in diesem Moment piepste es wieder! Sofort sprang ich aus dem Bett, machte diesmal die Deckenbeleuchtung an und blieb mit dem Rücken zur Tür stehen, um das ganze Zimmer überblicken zu können. Wäre doch gelacht, wenn ich nicht dahinter käme, wo sich dieser Piepser versteckt hat. Systematisch suchte ich sehr gründlich Wände, Decke, Fußboden und sämtliche Möbelstücke nach dieser eigenartigen Geräuschquelle ab, konnte aber nichts Auffälliges feststellen. An der Decke hing nur die Lampe, an den Wänden war nichts Auffälliges und vom Boden her schien mir das Geräusch eh nicht her zu kommen. Dann schlich ich mit gespitzten Ohren um den Tisch herum. Und da piepste es wieder! Genau, das Piepsen kam eindeutig vom Tisch her! Meine ganze Aufmerksamkeit galt nun diesem Möbelstück. Ich fühlte ihn ab und kroch darunter, guckte mir die Tischplatte von unten an – fand erstmal nichts. Doch so schnell gebe ich nicht auf! Da lag ja so Einiges von mir herum.

Es half nur eins: auspacken, was ich bei mir hatte und möglicherweise Töne von sich geben könnte (oder auch nicht). Innerlich stöhnte ich kurz genervt auf, war dann aber voll motiviert und fest überzeugt, den Piepser nun zu finden.

Ich packte in meiner Verzweiflung einfach ALLES aus. Zum Glück war es ja nicht so viel, das Meiste hatte ich ja im Auto gelassen. Nach kurzer Zeit lagen auf der einen Seite des Tisches Fotoapparat, Ladegerät für Handy, mobiles Handyladegerät, Fön, elektrische Zahnbürste, Selfie stick, Feuerzeug, Ladegerät für Akkus vom Fotoapparat, sämtliche Akkus, Ersatz-Bluetooth-Auslöser, Fernbedienung vom Fernseher. Auf der anderen Seite: Geldbeutel, Fahrzeugpapiere, Autoschlüssel, Labello, noch ein Labello, Tempotaschentücher, Sonnenbrille, Lesebrille, mein Buch, Haargummi, Kaugummi, Schminktäschchen, Brillenputztuch, SD-Karte, Kuli, Notizblock, Haarreifen, Deoroller. Ich guckte auch ins Bad, aber da stand nur mein Waschzeug rum und nichts, was eventuell piepsen könnte, außer der Zahnbürste und die hatte ich schon zu Kontrollzwecken auf dem Tisch platziert.

Ich nahm mir jedes einzelne Teil genau vor, schüttelte meinen Rucksack und die Tasche noch mal aus, kontrollierte auch die Hosentaschen meiner Jeans. Meine Füße wurden kalt, weil ich barfuß rum lief. Da fiel mir ein, dass ich mich vielleicht doch verhört hatte und das Piepsen von draußen herein gekommen ist. Also schloss ich vorsorglich das Fenster, obwohl ich gar nicht gerne bei geschlossenem Fenster schlafe.

Es hatte nun schon eine ganze Weile nicht mehr gepiepst. Sehr komisch! Erst kurz hintereinander, dann eine Weile wieder nichts und man denkt, es ist vorbei …Ich war hundemüde und wollte doch nur eins: endlich weiter schlafen. Mit der Hoffnung auf wenigstens noch ein bisschen Nachtruhe legte ich mich wieder hin. Tatsächlich schlief ich ein. Kurz. Bis es wieder piepste.

Naja, egal, ich wollte sowieso aufstehen, um das Fenster wieder zu öffnen. Ratlos untersuchte ich auch noch das Fernsehgerät von allen Seiten und zog den Stecker heraus.  Als ich zum Bett zurückging, fiel mein Blick auf den Autoschlüssel. War das etwa die Nervensäge? Da muss ja irgendwas drin sein, sonst würde ja die Fernbedienung am Auto nicht funktionieren. Vielleicht eine Monozelle oder sowas. Keine Ahnung. Das muss ich unbedingt mal recherchieren … Sollte ich vielleicht vorsichtshalber mal nach meinem Auto gucken? Guter Gedanke. Ich schlich mich also barfuß im Shorty raus vor die Haustür, bediente zweimal die Fernbedienung: Türen auf, Türen zu – stellte fest, dass alles normal funktionierte und schaffte es grade so zurück ins Haus, bevor die Haustür ins Schloss fiel und mich ausgesperrt hätte. Na das hätte mir noch gefehlt! Den Zimmerschlüssel, der gleichzeitig zum Öffnen der Haustür diente, hatte ich nämlich vor lauter Schusseligkeit im Zimmer liegen gelassen.

Inzwischen wurde es draußen schon langsam hell. Ich war sowas von müde und überlegte, welche Optionen mir jetzt noch blieben. Das Ehepaar anrufen ging nicht, denn ich hatte nur die Nummer der Pension und das Telefon stand neben Haustür am Empfang, während sie vermutlich eine Etage über mir wohnten und selig schliefen. Eine Handynummer hatte ich nicht von ihnen. Ich zog kurzzeitig in Erwägung, im Frühstücksraum auf einem Stuhl weiter zu schlafen oder auf dem Billardtisch und musste über mich selbst lachen. Es waren auch noch andere Gäste im Haus, doch was würde das für einen Eindruck machen, wenn ich mitten in der Nacht um Asyl nachfragte? Also irgendwie kamen alle Möglichkeiten nicht in Frage. Da stand ich nun in meinem Zimmer und mir fiel nichts Besseres ein, als alle meine Sachen, die auf dem Tisch lagen, nebst Klamotten, dem Handy, der Fernbedienung für den Fernseher, dem leeren Rucksack, der Tasche, dem Autoschlüssel und den Turnschuhen ins Bad auf den Fußboden unter das Waschbecken zu legen, mit der Decke und ein paar Kissen vom Sofa zuzudecken und die Badtür zu schließen. Wenn sich der Piepser eventuell doch zischen meinen Sachen befand, dann würde ich ihn jetzt nur noch sehr gedämpft wahrnehmen oder gar nicht mehr. Haha, ich lass mich doch nicht von so einem Piepser unterkriegen! Wo kommen wir denn da hin? Mir reicht es nämlich jetzt, so! Verbannung ins Bad – da kann das Ding sich dumm und dämlich piepsen. Also vorsichtshalber guckte ich aber doch nochmal unter das Bett …

Mit einem Handtuch ausgerüstet, total fix und alle, mit immer noch kalten und inzwischen auch schmutzigen Füßen kroch ich, zu 50% entschlossen, zu 50% der Verzweiflung nahe, unter meine Decke. Das Handtuch legte ich mir über die Augen, um meinem Bewusstsein vorzuschwindeln, dass es noch dunkle Nacht sei (leider war es mittlerweile schon glockenhell draußen). Viel Zeit blieb mir nicht mehr. Zwei Piepser ertönten noch in kurzen Abständen hintereinander. Es klang fast schon ein bisschen hämisch oder bildete ich mir das nur ein? Ich hatte nur noch ein gequältes Seufzen übrig und konnte mich nicht entscheiden, ob ich lachen, weinen, verrückt werden oder es einfach ignorieren sollte. Ich wollte es mit dem Letzteren probieren, einfach ignorieren. Da auch das Nichthinhören auf die Dauer unheimlich anstrengend und ermüdend sein kann, wirkte es dementsprechend. Im Halbschlaf gingen mir ganz sonderbare Gedanken durch den Kopf: Psychoterror, Stasigefängnisse, Folter, versteckte Kameras, Strahlungen aus der Deponie, blutrünstige Insekten – ich lese eindeutig zu viele Romane oder meine Fantasie ging mit mir durch in Anbetracht der Lage!

Irgendwann bin ich tatsächlich eingeschlafen. So fest, dass ich nichts mehr gehört habe oder es kam tatsächlich kein Geräusch mehr, ich weiß es nicht. Jedenfalls hatte ich einen sehr realistischen Traum gehabt: es war früher Morgen. Eine fremde Frau und meine Nichte waren im Zimmer und ich erzählte ihnen gerade haargenau das, was ich in dieser Nacht durchgemacht hatte. Der einzige Unterschied bestand darin, dass im Traum die Tür vom Badezimmer an einer anderen Stelle war. Sonst war alles genau gleich. Die beiden glaubten mir nicht. Das regte mich auf. Mitten in meinem Bericht piepste es wieder, immerzu hintereinander. Es wollte gar nicht mehr aufhören. Davon wurde ich wach und stellte fest, dass es nicht im Traum piepste, sondern in Wirklichkeit – ach so, der Wecker von meinem Handy. Was denn, schon aufstehen? Und wieso liegt ein Handtuch auf dem Kopfkissen? Also ich mag nicht gerne mitten im Traum geweckt werden, schon gar nicht wenn er so realistisch ist. Andererseits hatte ich was vor und musste raus, in zwanzig Minuten hatte ich mein Frühstück bestellt. Ich musste kurz darüber nachdenken, was man doch für einen Schwachsinn träumen kann. Irgendwie fühlte ich mich noch total müde. Ich wollte den Weckton abschalten, fand aber das Handy gar nicht. Nanu? Ich hatte es doch gestern Abend neben das Bett gelegt? Der Weckton kam irgendwie so gedämpft bei mir an. Hatte ich das Handy etwa im Bad liegen gelassen? Ich tappte verschlafen und gähnend ins Bad.

Da traf mich fast der Schlag. Unter dem Waschbecken – die Sofadecke und die Kissen, darunter mein ganzer Krimskrams, dazwischen irgendwo mein Handy. Mir wurde heiß und kalt, weil ich Traum und Realität kaum noch auseinanderhalten konnte. Ist das die Grenze zum Durchdrehen? Gerade als mir bewusst wurde, dass mein Traum die fiktive Fortsetzung der Realität gewesen ist und ich darüber nachgrübelte, wie sowas denn möglich sein kann, piepste es wieder. In Wirklichkeit! Und nicht aus meinem Handy. In einem Comic hätte der Zeichner seiner Figur wohl an dieser Stelle die Haare zu Berge stehen lassen.

Bei Tageslicht wirkte der Ton längst nicht mehr so extrem schrill wie nachts und tatsächlich entdeckte ich endlich das Corpus Delicti an der Decke genau über der Tür. Ein Rauchmelder! Oh Mann! Kein Wunder, dass ich ihn in der Nacht nicht sehen konnte, denn da hatte ich das Teil ja hinter mir, als ich mit dem Rücken zur Tür das Zimmer inspizierte. Gehört so ein Teil nicht in die Mitte des Raumes? Naja, das war mir ja nun auch egal, die Nacht war rum. Vermutlich waren die Batterien darin leer, ich würde es nachher den Leuten sagen und sie würden sich darum kümmern.

Irgendwie war ich echt beruhigt, dass es nur der Rauchmelder war und dass ich nun erleichtert und belustigt darüber lachen konnte. Die nächste Nacht würde ich bestimmt ganz früh ins Bett gehen und den verpassten Schlaf nachholen … oder die übernächste Nacht. Eine ganze Woche Urlaub zum Ausschlafen lag ja noch vor mir.

Ein Hoch auf den VEB – Der „UNKRAUTSAUGER“ aus Oberlind

Die Rosen mussten weg. Wenigstens die zwei Sträucher auf der einen Seite vor der Terrasse kurz vor dem Eingang. Zum Einen hatte der Rosenrost erbarmungslos zugeschlagen und ich das rechtzeitige Spritzen versäumt, zum Anderen waren sie in den letzten Jahren so üppig gewachsen, dass sie bis auf den sowieso schon schmalen Pflasterweg über hingen und Besucher einen Bogen machen mussten, damit sie sich nicht an den Dornen verletzten.

Nach dem Ausgraben der Sträucher lagen die vergammelten, rosenrostigen Blätter auf Weg, Rabatte und – na prima! – auch noch hinter dem schmalen Plastikstreifen, den ich in die Erde gesteckt hatte, damit diese wegen ihrer Feuchtigkeit von der Mauer der Terrasse abgegrenzt war. Ich entsorgte als erstes die Blätter auf dem Weg und der Rabatte und überlegte mir dabei, wie ich diese neu gestalten würde. Sehr groß ist die Fläche nicht, trotzdem sollte es schön aussehen. Mir kam ein wunderschöner Vorgarten in den Sinn, an dem ich immer jeden Freitag auf dem Weg zur Klinik vorbei fuhr und nahm mir vor, diese Woche mal dort anzuhalten und zu gucken, was da so alles wächst.

Aber erstmal musste ich irgendwie die verdorrten Blätter in der schmalen Ritze hinter dem Streifen heraus puhlen. Es sollte möglichst schnell gehen und danach sollte alles pikobello sauber sein. Als ich gerade so sinnierte, kam mein Mann aus der Scheune und mit ihm kam mir die Idee – wir haben doch noch den alten Staubsauger hinten im Hühnerstall, der musste mal wieder ran. Also zur Erklärung: Wir haben keine Hühner mehr, nur noch den ehemaligen Stall. Darin hat sich alles Mögliche angesammelt, was wir im Haus nicht mehr gebrauchen können, aber auch noch nicht wegwerfen wollen sowie diverse Ersatzteile und anderer Krimskrams.

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Ich wollte erst rufen: Kannst du mal bitte den alten Staubi mitbringen? Entschied mich dann aber für: Schahatz? Kannst du mal bitte den UNKRAUTSAUGER mitbringen? Dafür erntete ich zunächst einen verständnislosen Blick, dafür gingen aber sofort zwei Köpfe auf dem Balkon der Nachbarschaft in die Höhe, Blick gespannt in unsere Richtung, mit einem Gesichtsausdruck: Die haben aber auch alles! wie ich bei einem flüchtig-belustigten Blick in ihre Richtung bemerkte. Ich ergänzte schnell noch vielsagend: Du weißt doch, hinten im Hühnerstall … ahhh, er begriff, grinste und verschwand Richtung Scheune, um kurz darauf mit einem nicht mehr ganz taufrischen, leicht lädierten, aber durchaus noch voll funktionstüchtigen Staubsauger aus den 60er Jahren aufzutauchen. Soll ich dir den UNKRAUTSAUGER gleich anschließen? Fragte er, wickelte bereits das Kabel ab und steckte die Fugendüse auf. Die Köpfe auf dem Balkon gingen noch ein bisschen höher, denn dummerweise, versperrten ein paar Sträucher die freie Sicht. Wir fanden es sehr amüsant, doch dann widmeten wir uns voll und ganz der restlosen Beseitigung des alten Laubs – ging ruck zuck. Ja, okay, mit Harry Potters Feuerblitz ist er nicht zu vergleichen, so geht er bei Weitem nicht ab mit seinen 250 Watt … Aber immerhin!

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Tja, kaum zu glauben: das fast 60 Jahre alte Gerät ist einfach nicht unterzukriegen! Es saugt nach wie vor und darüber hinaus hat es einen enormen Unterhaltungswert – zumindest für unsere Nachbarschaft 😉 Da soll noch mal einer sagen, in der DDR wurde nichts Gescheites produziert – lach.

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Zwischen altem Krimskrams …

… fand ich doch neulich tatsächlich mein nach der Währungsunion nicht mehr verwendbares Scheckheftchen aus DDR-Zeiten. Wie winzig wie es doch ist. Mir wurde ganz nostalgisch zumute, als ich es in den Händen hielt.

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Heute erledige ich fast alle Einkäufe mit EC-oder Visa-Karte, Vieles auch online. Fast hatte ich vergessen, wie das damals war. Zwei, drei Schecks hatte ich immer bei mir, manchmal auch das ganze Heftchen. Schließlich wusste man nie, was es plötzlich zufällig irgendwo zu kaufen gab, wonach man schon ewig gesucht hat. Da war es wirklich sinnvoll, wenn man sein Scheckheftchen einstecken hatte. Vorausgesetzt natürlich das Konto war gedeckt 😉

Als ich Ende der 70er Jahre mal in Berlin war, hatte ich Glück, dass ich genug Bargeld dabei hatte (als Schülerin hatte ich natürlich noch kein eigenes Konto). In den Ferien hatte ich drei Wochen im Schraubenkombinat, der ESKA, in der Kreisstadt gearbeitet und zusätzlich eine Woche als Ferienhelfer in einem Ferienlager, dadurch war ich ziemlich „flüssig“.

Im Kaufhaus am Alexanderplatz gab es zufällig RG28 und richtig guten Jeansstoff. Was für ein Zufall! Ich fackelte nicht lange und war sehr froh über meine Einkäufe. Noch mehr freute sich meine  Mutter, denn vorher hat sie alles mit der Hand gerührt bzw. das Rühren und Schlagsahne schlagen mir oder meiner Schwester übertragen – die reinste Strafarbeit war das! Nun lag ich ihr außerdem nicht mehr ständig in den Ohren, weil ich keine gescheite Hose hatte – dieser Fall wäre ja nun auch bald erledigt.

Aus dem Stoff hat der Schneider im Dorf mir eine richtig schicke, hautenge Jeanshose genäht und außerdem hat der Stoff noch für eine damals modische  Weste gereicht. Die besitze ich heute noch. Auch wenn ich längst nicht mehr rein passe, habe ich es doch nie übers Herz gebracht, sie wegzuwerfen.

Weste

Die Hose existiert nicht mehr. Irgendwann war sie total zerschlissen – meine einzige Jeanshose – richtig mit Nieten und so, ich war sowas von stolz. Mutti hatte ihre liebe Not damit, sie nach dem Waschen und Schleudern schnell wieder trocken zu kriegen, sonst hatte ich nichts anzuziehen, behauptete ich, denn seit ich sie hatte, trug ich nur noch diese Hose. Sonst hatte ich nur DDR-Niethosen – lach – weil ich immer zu spät in die Jugendmode kam, wenn alles in meiner Größe schon längst ausverkauft war. Pech halt!

Ich kann mich nicht erinnern, dass es EC- oder Kreditkarten gab. Vielleicht habe ich das aber auch nur vergessen. Kurz bevor ich mein erstes eigenes Geld verdiente, eröffnete ich mir ein Konto bei der Sparkasse. Wenn ich Geld gebraucht habe, dann holte ich es mir in der Bank am Schalter ab oder ich bezahlte mit Schecks. Andere Optionen hatte ich nicht.

Ach doch, ich hatte ja noch mein Sparbuch. Allerdings war ich besser im Geld ausgeben, als im Geld anhäufen.

Da fällt mir ein, dass ich noch ein altes Sparbuch meiner Mutter gefunden habe. Es ist aus der Zeit des 2. Weltkrieges und wurde kurz nach ihrer Geburt für sie eröffnet.

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Auf jeder Seite des Sparbuches stehen unten so sinnige Sprüche wie:

Spargeld macht das kaufen leicht. Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert. Ein sparsam Volk – ein starkes Volk. Tag für Tag ein wenig sparen – macht ein Viel in langen Jahren. Wahres Glück liegt allezeit in Arbeit nur und Sparsamkeit. Deutsche Art bewahrt, wer arbeitet und spart.

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Als ich das Sparbuch das erste Mal in den Händen hielt, war ich sehr gerührt und versuchte mir vorzustellen, wie das Leben während der Zeit des 2. Weltkrieges  für meine Oma gewesen sein muss, als Opa an der Front und danach in Gefangenschaft war, als sie fast alleine unsere Landwirtschaft und das Viehzeug zu versorgen hatte, den Haushalt führen, die Kinder aufziehen musste und bestimmt viele Sorgen und Ängste hatte. Trotzdem konnte sie noch etwas für ihre Kinder sparen  … Schade, dass ich sie das alles nicht mehr fragen kann.

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