Ein Wiedersehen

 

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1990 in Gran Canaria, Taurito Playa

Waren wirklich schon so viele Jahre vergangen, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten? Immerhin 26 Jahre! Ich schaute ihr entgegen, als sie über den Bahnhofsvorplatz auf mein Auto zu lief. Sie stieg ein und ich hatte das Gefühl, dass wir uns erst gestern begegnet wären. Ist sowas möglich? In meinen Augen sah sie noch genauso aus wie damals, als wir uns auf einer Jugendtouristreise nach Bulgarien kennengelernt hatten. (Mit “Jugendtourist” nach Bulgarien) Ihr Lachen, die Stimme, die Haare, der Gang – Elke! Ein Jahr nach unserem Kennenlernurlaub waren wir noch ein zweites Mal zusammen unterwegs. Die Wende war dazwischen gekommen und mit ihr die Möglichkeit, neue  Reiseziele zu entdecken. Ganz kurz kamen mir die Erinnerungen an zwei Wochen Gran Canaria in den Sinn. Doch es würde später noch Zeit sein, darüber zu erzählen.

 

Ich musste losfahren, hier konnte ich nicht parken. Wir fuhren Richtung Innenstadt in ein Parkhaus. Dann begrüßten wir uns erstmal richtig und freuten uns, dass wir es endlich auf die Reihe gekriegt hatten uns zu treffen.

Im Mai hatte ich sie auf Facebook „gefunden“ und Kontakt aufgenommen. Seitdem hatte sich noch keine Gelegenheit für ein Treffen ergeben, familiäre Ereignisse machten uns immer wieder einen Strich durch die Rechnung, doch aufgeschoben war ja nicht aufgehoben.

Nun saßen wir uns in dem Restaurant in der Nähe der Krämerbrücke gegenüber und erzählten uns gegenseitig unsere Geschichten. Es fühlte sich vertraut an und herzlich. Handyfotos wurden angeguckt und das erste Foto gemacht zum Senden an die Dritte im Bunde, die damals mit auf der Bulgarienreise war. Nach dem Essen gönnten wir uns einen heißen Punsch auf der Krämerbrücke. Es wurde schon dämmrig und die Zeit eilte uns davon. Wie schade, dass wir uns damals aus den Augen verloren hatten.

Als wir uns am Abend verabschiedeten, fiel uns auf, dass wir nur über unser jetziges Leben gesprochen hatten. Wir machten aus, dass unsere Erlebnisse von damals beim nächsten Treffen dran sind. Dann wollen wir auch die alten Fotos zum Anschauen mitbringen, freu ich mich jetzt schon drauf. Wir bleiben dran und vor allem in Kontakt. Es ist so schön, dass wir uns wieder gefunden haben.

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2016 in Erfurt, Krämerbrücke

 

 

Mit „Jugendtourist“ nach Bulgarien

2015

Neulich schrieb ein Freund, dass er für seine Familie zum Mittagessen Schopska-Salat zubereitet. Sofort musste ich an Bulgarien denken und meine zwei Reisen in dieses Land, beide zu DDR-Zeiten über Jugendtourist, beide schön und wert, sich daran gerne und mit einem Schmunzeln zu erinnern. Damals habe ich zum ersten Mal in meinem Leben Schopska-Salat gegessen – hmm, lecker!

1989

Am Abend vor meiner Abfahrt musste ich mir noch einen Vortrag von meiner Mutter anhören, dass ich ja nicht leichtsinnig sein und „das mit dem Fallschirm“ auf keinen Fall machen sollte, weil es bestimmt gefährlich wäre. Ich hatte nach meiner letzten Reise davon geschwärmt und war keineswegs abgeneigt, das mal auszuprobieren. Natürlich sagte ich das meiner Mutter nicht, ich würde es ihr sowieso erst hinterher erzählen 😉 („Das mit dem Fallschirm“ = mit Hilfe eines Motorbootes an einem Fallschirm über dem Meer schweben)

Nun saß ich im Zug nach Berlin-Schönefeld und erinnerte mich an meine erste Reise nach Bulgarien. Das war im Mai 1985. Zwei Wochen Slanchev Bryag am Sonnenstrand in der Nähe von Nessebar. Wie würde es wohl dieses Mal werden? Immerhin würde mich der erste Teil der Reise wieder in diesen Badeort führen. Ich schloss meine Augen und ließ meine Gedanken vier Jahre zurück wandern …

1985

Hochzeitsreise. Wir kannten niemanden in unserer Reisegruppe. Erst im Transitbereich vor dem Abflug lernten wir flüchtig ein Pärchen in unserem Alter kennen – prima – vielleicht konnte sich daraus eine Urlaubsbekanntschaft entwickeln und ich hoffte insgeheim, sie hätten nichts gegen eine Runde Skat ab und zu.

Unsere Unterkunft in Slanchev war recht einfach, aber für uns vollkommen ausreichend. Es war immer besser, vorher nicht allzu hohe Ansprüche und Erwartungen zu haben. Wir hatten einen kleinen, sehr spärlich eingerichteten Bungalow, der aus einem einzigen Raum bestand und sich auf einem großen Campingplatz befand. Links und rechts an der Wand neben der Eingangstür befand sich je ein Fenster (ohne Mückenschutz). Es war gerade mal Platz für zwei Betten – eins davon stand rechts an der Außenwand, das andere links an der Außenwand, dazwischen war ein knapper Meter Platz. Ein kleiner Tisch und zwei Stühle, ein Spiegel, KEIN Schrank. Unsere Koffer hatten wir unter das Bett geschoben. Wenn wir etwas heraus nehmen wollten, dann mussten wir das nacheinander tun. Zu den Toiletten und Gemeinschaftsduschen hatten wir etwa 50 Meter zu gehen, wenn es eilig war, sind wir halt schneller gelaufen. Meistens mussten wir rennen 😉 Gegen Mitte der 2. Woche haben wir das Essen dann ganz gut vertragen und konnten den Gang zum Örtchen entspannter gehen. Frühstück und Abendessen gab es in einem nahe gelegenen Speisesaal. Das Essen war nicht besonders abwechslungsreich, aber wir sind satt geworden. Tagsüber haben wir uns manchmal frisch gebratenen Fisch gekauft, den gab es sehr günstig, total lecker und direkt vom Rost herunter. Zum Strand war es nicht weit, vielleicht 200 Meter. Er war für uns einfach traumhaft, feiner Sand, das Wasser sauber, angenehme Badetemperatur – herrlich!

Mit den Toiletten hatte ich anfangs meine Probleme. Eigentlich gab es auf dem Campingplatz gar keine richtigen Toiletten in den Sanitärbereichen. Die Duschen und WC´s erinnerten eher an Wellblechhütten. Die Wände hatten einen gewissen Abstand vom Erdboden, so dass man von außen immer die Füße der Menschen sehen konnte, die sich gerade darin aufhielten. Das fand ich ziemlich gewöhnungsbedürftig. Die Toiletten waren gefliest und hatten jeweils ein Loch von ungefähr 10 Zentimeter Durchmesser (+/- … kann mich nicht genau erinnern) im Boden. An der Seitenwand war ein Griff zum Festhalten und hinter dem Loch kam bis auf eine Höhe von ca. 1 Meter ein Rohr aus dem Boden, auf dem sich oben der Spülknopf befand und vorne dran, wie bei einem Wasserhahn, eine nach unten zeigende Öffnung. Wenn man den Spülknopf betätigte, kam das Spülwasser aus dieser Öffnung mit reichlich Druck herunter gespritzt in Richtung Loch. Es war keine gute Idee auf die Toilette zu gehen, wenn gerade mehrere Leute duschten, denn dann reichte das Wasser oft nicht für die Spülung. Auch war es von Vorteil, vor der Betätigung des Spülknopfes zuerst die Tür der Toilette zu öffnen, damit man schnell hinaus springen konnte, bevor das Wasser herunter spritzte, denn die Toilettentür ging nach innen auf. Andernfalls konnte es passieren, dass man dem Wasserstrahl und dem, was er mit seinem Druck wegspülen sollte, nicht ausweichen konnte und sich hinterher die Unterschenkel waschen musste.

Leider hatte ich noch nie vorher die Gelegenheit gehabt „Lochgeschäfte“ zu üben, entwickelte aber schnell eine relativ gute Treffsicherheit. Manchmal gönnten wir uns den Luxus und benutzten die stillen Örtchen gepflegter Restaurants, auch wenn wir dafür blechen mussten.

Abends oder am Strand spielten wir manchmal Skat. Ich hatte es erst vor einiger Zeit gelernt und wollte jede Gelegenheit zum Üben nutzen. Die Frau des anderen Pärchens hatte keinen Bock zum Skat spielen. Sie wollte es auch nicht lernen. Leider. Sie zickte deshalb ab und zu, also gaben wir nach und machten, was sie gerne wollte. Meistens waren wir uns aber einig und verbrachten zwei wirklich schöne Wochen zusammen.

Damals habe ich zum ersten Mal in meinem Leben Schopskasalat gegessen. Hmmmm – lecker!

1989

Ich guckte auf die Uhr. Der Zug näherte sich dem Flughafen Berlin-Schönefeld. Diesmal reiste ich alleine. Der Mann, den ich 1985 geheiratet hatte, war nicht mehr dabei, er hatte sich eine andere Frau gesucht. Ich hatte noch keinen neuen gefunden und meine Bekannte, mit der ich zusammen verreisen wollte, hatte kurz vor Antritt der Reise abgesagt. Auf meinen Bulgarienurlaub wollte ich aber nicht verzichten. Ich war froh, dass ich die Reise über Jugendtourist ergattert hatte und Anschluss würde ich in der Reisegruppe schon finden.

Ich zwängte mich im schmalen Gang des Zuges mit meinem Koffer Richtung Ausgang. Vor mir stand ein gut aussehender Mann in meinem Alter, auch mit Koffer. Ob er auch in den Urlaub fliegen will? Und wenn ja wohin? Nachdem er ausgestiegen war, nahm er mir meinen Koffer ab und trug ihn aus dem Zug. Das fand ich sehr nett von ihm.

Am Flughafen Schönefeld angekommen, kaufte ich mir zur Sicherheit noch ein paar zusätzliche Filme für den Fotoapparat. Hinter mir standen zwei Frauen. Eine sagte zu mir, dass ich mich von der Mundart her anhören würde, als ob ich aus dem Bezirk Suhl komme und dass sie eine Reisegruppe aus diesem Bezirk suchen würden, die heute nach Burgas fliegt. Ja, sagte ich, das könnte meine Reisegruppe sein. Und schon hatte ich Anschluss gefunden. Elke, Ina und ich waren von diesem Zeitpunkt an für zwei Wochen fast unzertrennlich. Beim Check in stellte sich heraus, dass mein Kavalier aus dem Zug auch in unserer Reisegruppe war. Was für ein Zufall! Er reiste ebenfalls allein 🙂

Die Reise führte uns zunächst für eine Woche an den Sonnenstrand nach Slanchev, danach ein paar Tage ins Rilagebirge und zum Schluss in die bulgarischen Rhodopen nach Pamporovo. Wir waren gespannt! In der ersten Unterkunft gab es Dreibettzimmer – das passte gut, allerdings wieder mal Gemeinschaftsduschen für alle Urlaubsgäste der ganze Etage. War man ganz schnell, dann hatte man 1. warmes Wasser und musste 2. nicht anstehen.

Da ich mich in Slanchev schon bestens auskannte, zeigte ich Ina und Elke die ganze Bucht bis nach Nessebar. Meistens hatten wir einen „Schatten“ mit zwei Beinen dabei, der Süße aus dem Zug 😉 Aber wir waren nun mal zu dritt und verstanden uns prima, deshalb war er für uns tabu, es wär vielleicht sonst kompliziert geworden. Wir nahmen ihn in unserer Frauenrunde auf, gaben ihm den namen Burli und tolerierten großzügig seine fast ständige Präsenz – grins.

Gleich am zweiten Tag wagte ich „das mit dem Fallschirm“. Es war für uns relativ teuer, aber ich hatte es mir nun mal in den Kopf gesetzt es auszuprobieren. Wir guckten erst eine Weile zu. Keine einzige Frau war vor uns dran. Nach dem Bezahlen gab es für Ina und mich kein Zurück mehr. Elke wurde als Fotografin eingesetzt, um unsere mutige Tat bildlich zu dokumentieren. Die Sache lief folgendermaßen ab: Ich bekam eine Schwimmweste an und Gurte um den Körper geschnallt bzw. musste mit den Beinen hinein steigen.

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Hinter meinem Rücken führten ein paar Seile zum Fallschirm, der von zwei Männern bis über ihre Köpfe hochgehalten wurde. Vorne an meinem Körper wurde das Seil mit Karabinerhaken in meinen Gurt eingehakt, das andere Ende des Seils lag als großer Haufen ein ganzes Stück vor mir in Richtung Meer und das Endstück ging von dort aus bis zu einem Motorboot, das am Strand startbereit wartete. Als ich vorschriftsmäßig von vorne und hinten angeseilt war, entfernte sich mein Seilermeister und ich stand ganz allein da, vor mir in Richtung Meer lag der Haufen Seil am Strand und das Boot im Wasser, hinter mir der hoch gehaltene Fallschirm, der sich im Wind leicht blähte. Dann fuhr das Boot los, zog das Seil hinter sich her und der Haufen wurde immer kleiner. Als sich das Seil vor mir straffte, musste ich unweigerlich ein paar Schritte mitspringen, dann spannten sich auch hinter mir die Seile und mit einem kräftigen Ruck wurde ich ziemlich schnell nach oben in die Luft gezogen.

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Es nahm mir richtig den Atem, doch es war genial! Dann ging es raus auf`s Meer. Ich war ziemlich weit oben und unter mir sah ich Tretboote und andere Boote im Wasser. Ich hab es sehr genossen. Der Blick auf das Meer, den Sonnenstrand und die Bucht aus dieser Perspektive waren toll! Keine Ahnung, wie lange das Schweben da oben gedauert hat. Irgendwann stoppte der Motor des Bootes, ich schwebte nach unten und platschte unsanft ins Meer. Bevor das Boot kam und die Besatzung aus zwei braungebrannten Jungs mich und meinen Fallschirm aus dem Wasser fischten, hatte ich damit zu tun, meinen Badeanzug irgendwie zu richten. Er war durch den Sprung ins Wasser total verleiert und einige Körperteile, die besser bedeckt sein sollten, mussten schnell wieder mit Stoff bedeckt werden.

Auf jeden Fall war ich total begeistert und hätte es am liebsten gleich nochmal gemacht. Aber zwei Mal viel Geld ausgeben für das relativ kurze Vergnügen, fand ich dann doch nicht so gut.

Unser „Schatten“. Er war wirklich sehr nett. Wir konnten uns gut mit ihm unterhalten. Auch hatte er ein besonderes Talent, uns wunderbar die Sonnencreme einzumassieren, da hatte er echt ein Händchen dafür. Leider habe ich seinen Namen vergessen, vielleicht Jörg? Egal, wir nannten ihn ja sowieso nur noch „Burli“.

Manchmal wollten wir drei Mädels allerdings auch mal alleine los. Das hat ihm nicht so wirklich gefallen. Aber da musste er durch. Bei einem unserer kleinen Ausflüge zu dritt lernten wir zwei Autohändler aus Westdeutschland kennen. Sie stammten aber ursprünglich aus anderen Ländern, ich glaube der eine von ihnen war aus Jemen. Wir fanden das sehr exotisch und spannend. Natürlich war es für uns DDR-Bürger streng verboten, während einer Jugendtouristreise Kontakt zu Bürgern aus dem imperialistischen Ausland aufzunehmen. Schließlich war das ja unser Klassenfeind. Das war uns allerdings reichlich egal, als wir etwas später im weißen Golf Caprio der beiden saßen und uns durch Slanchev chauffieren ließen.

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Dumm nur, dass uns jemand beim Reiseleiter verpetzt hat und wir uns dafür verantworten mussten. Wir versprachen ihm hoch und heilig, uns nicht mehr mit ihnen zu treffen und gingen noch am gleichen Abend, unartig wie wir waren, mit den beiden ins Casino, wo wir als DDR-Bürger sonst nie rein gekommen wären, wir hatten ja auch nicht die richtige Währung dafür. Diese Gelegenheit konnten wir jedenfalls unmöglich sausen lassen! Außerdem war es schon dunkel, als wir aufbrachen und im Casino würde ganz bestimmt keiner von unserer Gruppe sein, der uns verpetzen könnte. Ach, war das ein aufregender Abend! Vom VORHER möchte ich nur soviel schreiben, dass uns die Frage, was man in einem Casino anzieht, den ganzen Nachmittag lang sehr beschäftigte. Ich hatte mich letztendlich für einen rosafarbenen Overall (ROSA!!!) aus leichtem Jeansstoff entschieden, den ich mal abgelegt von einer Bekannten aus dem Westen geschickt bekommen hatte und den ich für mein Leben gerne trug. Mit breitem, schwarzen Gürtel aus Smokgummi und riesiger Schnalle vorne dran sowie unübersehbarem Modeschmuck, beides bei einer meiner letzten Reisen auf einem polnischen Markt erworben, hielt ich mein Outfit für geeignet.

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Es gab eine Varieté-Vorstellung, Snacks, Sekt, Tanz und beim Roulett hatte ich richtig Glück. Es war eine vollkommen neue Welt, die wir erlebten. Wie im Rausch flogen die Stunden an uns vorbei. Keiner der anderen aus unserer Reisegruppe hat was mitgekriegt – zum Glück! Wahrscheinlich hätten wir unsere einem Bürger der DDR unangemessene Freizeitgestaltung wieder vor dem Reiseleiter verantworten müssen und eventuell nie wieder so eine Reise bekommen. Am Ende des Abends hatte ich richtig viel Geld -DM!!! gewonnen, also echtes Westgeld – mir war ganz schwindelig vor lauter Reichtum. Anfängerglück! Leider hatte ich nicht lange Vergnügen daran. Unsere beiden Begleiter haben es mir in Leva umgetauscht, ich glaube, sie hatten auch ein bisschen Schiss vor eventuellen Folgen. In einem Plattenladen in Sozopol erwarb ich dafür etliche Lizenzschallplatten und noch jede Menge Mitbringsel (Keramikzeugs, verzierte Holzkästchen, ein kleines Schlauchboot usw.) für Familie und Freunde. Die Schallplatten habe ich übrigens beim Rückflug unter einigen in der Reisegruppe verteilt und in Berlin wieder eingesammelt, damit ich keine Schwierigkeiten mit dem Zoll bekomme.

An einem anderen Tag nahmen die beiden Männer uns mit in ihr Hotel „Kuban“. Wir staunten über die Zimmer, die ein eigenes Bad, einen kleinen Kühlschrank mit Getränken und einen Balkon mit herrlichem Blick auf den Strand hatten – was für ein Luxus gegenüber unserer Unterkunft. Trotzdem fühlten wir uns unwohl. Irgendwie gehörten wir da nicht hin und verabschiedeten uns recht schnell wieder …

Das Abendessen nahmen wir immer in der Nähe unserer Unterkunft in einem Saal ein, der über zwei Etagen verfügte. In der Mitte befand sich eine Tanzfläche, außen herum waren die Tische zum Essen angeordnet. Über eine große Treppe gelangte man hoch auf eine Art Galerie, wo weitere Tische mit Blick auf die Tanzfläche standen. Im vorderen Bereich befand sich ein kleines Podest, auf dem eine Band abends für die Gäste Livemusik spielte. Zu den Mahlzeiten war der Saal immer voller Menschen. Die ältere Generation verbrachte den Abend oft dort bei der Tanzmusik der Band, wir gingen meist woanders hin.

An einem Nachmittag kamen Elke, Ina und ich zufällig an dem Saal vorbei und hörten Musik. Wir guckten mal nach und sahen die Band bei der Probe. Sie winkten uns herein. Wir konnten uns kaum verständigen, durften aber mal die Instrumente ausprobieren. Elke konnte Schlagzeug spielen und ich Gitarre. Ganz spontan spielten wir ein paar bekannte Songs, Bassist und Keyboarder passten sich uns an – es hörte sich gar nicht mal so schlecht an. Wir fanden das total aufregend und beschlossen am Abend zwei Stücke zu spielen, es aber vorher den anderen aus der Reisegruppe nicht zu verraten. Die Band war einverstanden. Wir einigten uns auf „As tears go by“ von den Rolling Stones für die junge Generation und „My bonnie is over the ocean“ zum Schunkeln für die älteren Leute. Den Rest des Tages waren wir total aufgeregt. Lampenfieber pur! Dann war da wieder mal die Frage, was wir anziehen sollten. Schließlich entschieden wir uns für die Marke „nix besonderes“ – eine sehr große Auswahl an Klamotten hatten wir eh nicht dabei. Zur Essenszeit strömten alle in den Saal. Wir hatten Herzklopfen ohne Ende und mussten so tun, als ob alles so ist wie immer. Als alle da waren, die Band sich unter den Blicken der Gäste langsam bereit machte und sich auf ihr Podest begab, sagte ich ganz forsch in unsere Runde: Wisst ihr was? Ich spiel heut auch mal in der Band mit. Elke sagte: Ich bin dabei. Alle lachten. Einer sagte: So seht ihr aus! Haha! Ich spielte erstmal beleidigte Leberwurst. Dann sagte ich: wetten? Und ein paar gingen darauf ein. Ein Teller ging herum und ein paar Leva sammelten sich darauf. Nun MUSSTEN wir spielen. Trotz des Lampenfiebers. Also gingen wir mit weichen Knien Richtung Band, die uns schon belustigt entgegen sahen. Wir taten so, als ob wir mit ihnen reden würden, sie nickten eifrig. (War alles vorher so ausgemacht worden) Als sich Elke hinter das Schlagzeug setzte und ich die Gitarre nahm, ist dann doch einigen der Kinnladen runter geklappt, weil wir tatsächlich ernst machten. Die hatten ja keine Ahnung, wie wir innerlich geschlottert haben. Von unserer heimlichen Probe am Nachmittag wussten sie natürlich auch nichts. Dann haben wir einfach losgelegt, erst „As tears go by“ und dann hat der ganze Saal mitgesungen und geschunkelt bei „My bonnie …“.

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Schade, dass wir nur dieses eine Foto haben und wir sind gar nicht richtig zu erkennen. Egal. Auf jeden Fall hatten wir unseren Spaß und es war gar nicht so schlimm, dachten wir hinterher, als alles vorbei war und die Leute uns mit Beifall belohnten, ob ich mich ein paar Mal in der Aufregung verspielt hatte und ich eigentlich eher schlecht Gitarre spielen kann. Die Band hat uns dann eingeladen zur „Extra-für-uns-After-Show-Party“. Und das war das Beste an dem Abend.

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Eigentlich schade, dass unsere Woche am Meer so schnell vorbei war.

Im Rilagebirge waren wir in einem schönen, aber recht abgelegenen Hotel untergebracht. Die Zimmer waren groß, viel Holz und – welch Glück – drei Betten drin! Unser „Schatten“ war nun wieder öfter um uns rum. Er war froh, dass wir wieder mehr Zeit mit ihm verbrachten. Im Gebirge war es sowieso gut, einen starken Beschützer zu haben, wo es da doch Bären und Wölfe gibt (wir haben aber keine gesehen oder gehört).

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Wir wanderten bei herrlichem Wetter und im Rila-Kloster begegnete ich einem Mönch, der sehr gut deutsch sprach. Er fragte nach meiner Herkunft und er erzählte, dass er Thüringen gut kennt und eine Zeit lang in Schmalkalden verbracht haben. So ein Zufall! Wie ich auch, nur zu einer anderen Zeit.

Die letzte Station unserer Reise war Pamporovo. Wir hatten ein für unsere Verhältnisse tolles Hotel mitten in der Stadt, sogar mit eigenem Badezimmer. Das Hotel hatte allerdings einen Nachteil für uns Mädels: Es gab nur Zweibettzimmer. Elke und Ina nahmen natürlich eins zusammen, schließlich kannten sie sich schon ewig und hatten ja die Reise zusammen gebucht. Da man bei Jugendtourist keinen Anspruch auf Einzelzimmer hatte und auch keins verfügbar war, musste ich also ein Zimmer mit jemandem aus der Reisegruppe teilen. Es war nur eine weitere Person allein reisend – unser „Schatten“. Also teilte ich mir zwangsläufig mit unserem Burli ein Zimmer für die letzten drei Nächte.

Im Winter wäre es in Pamporovo mit seinen Skipisten bestimmt interessanter gewesen. Als wir mit dem Sessellift bis hinauf zum Fernsehturm auf dem Snejanka-Gipfel fuhren, stellte ich mir vor, wie die Piste unter mir im Winter vor lauter Skifahrern wimmeln würde.

Von der Aussichtsplattform des Fernsehturms konnten wir bis nach Griechenland gucken. Die Grenze nahm ich als gerodete Schneise durch den Wald wahr. Ich fand die Grenze sehr nah und nicht wirklich streng gesichert, so wie ich das von der Staatsgrenze der DDR her kannte. Aber vielleicht täuschte das auch. Jedenfalls konnte ich sagen, ich habe Griechenland gesehen (zumindest ein ganz kleines Eckchen davon). Also ehrlich gesagt, war ich total von den Socken, dass ich bis nach Griechenland gucken konnte. Das war für mich und einige andere aus der Reisegruppe etwas Besonderes!

Ein paar Monate später öffnete sich dann der „Eiserne Vorhang“ für uns, daran habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht zu glauben gewagt. Es war immer nur die heimliche Sehnsucht nach der Ferne da …

Die Tage in der Stadt waren trocken und heiß. Es gab keine Abkühlung und wir vermissten sehr das Schwarze Meer. Wenigstens gab es einen Springbrunnen …

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Die Nächte in Pamporovo waren nicht weniger heiß. Aber das lag wohl eher an dem Zweibettzimmer und dem süßen „Schatten“ und so weiter … 😉

Von süßen Abschieden und Wiedersehen

Wie die paar REHA Wochen verflogen sind! Es war so wunderbar erholsam, viel Zeit für mich, kein bisschen Stress oder Hektik, viele nette Menschen, die mir begegnet sind. Die meisten davon sehe ich sicher nie wieder und die Erinnerung an sie wird nach und nach verblassen. Andere werden mich vielleicht noch ein Stück meines Lebens begleiten, bevor der Kontakt abbricht. Wird es auch den einen oder anderen Menschen geben, der bleibt? Werde ich diese Menschen wieder sehen?

Anika, Andrea und Uta hatte ich bei meiner letzten REHA 2011 kennen gelernt. Wir hingen vier Wochen lang so gut wie jeden Tag zusammen. Es hat einfach von Anfang an gepasst zwischen uns – eine Wellenlänge 🙂 Nach der Reha blieben wir über Facebook, WhatsApp und/oder Telefon in Kontakt. Mal mehr, mal weiniger – zumindest haben wir uns nie aus den Augen verloren. Wir HABEN uns wieder gesehen! Es gab ein lustiges Kur-Revival an den alten „Tatorten“. Das war richtig schön! Andrea hat mich auch mal zuhause besucht. Bestimmt ergibt sich irgendwann die Zeit für einen Gegenbesuch – wir bleiben am Ball.

Was habe ich mich gefreut, als Anika und Andrea mich bei dieser REHA besucht haben! Noch ein Wiedersehen! Natürlich wurde das mit frisch gebackenen Waffeln und einer gehörigen Portion heißen Kirschen mit Sahne darauf gefeiert – hmmmm – wie damals in Bad Sooden-Allendorf.

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Und nächste Woche, wenn ich zur CeBIT nach Hannover fahre, da treffe ich endlich auch Uta wieder, wie ich mich darauf freue!

Bei dieser REHA lernte ich unter anderem Elena, Anja, Sandra und Natalia kennen. Mit Anja verbindet mich der gleiche Beruf und natürlich mussten wir uns längst darüber austauschen, wie uns der Wiedereinstieg ins Berufsleben gelungen ist. Ich denke daran, wie wir abends zusammen gesessen und gehäkelt haben. Sie eine Mütze für ihren Mann, ich einen Pullover für mich. Elena hab ich das Stricken beigebracht. An ihrem letzten Abend saßen wir noch lange zusammen und ich war sehr beeindruckt, wie toll ihr Schal geworden ist.

Winfried und ich senden uns immer mal wieder lustige Fotos und Filmchen per WhatsApp hin und her und mit Natalia und Elena habe ich auch schon mal kurz telefoniert. Sandra sehe ich auf Facebook und wir schreiben uns gelegentlich ein paar Zeilen auf dem Handy hin und her, sie heiratet bald, ist schon sehr aufgeregt und hat jede Menge zu organisieren für ihren großen Tag.

Wenn ich an die Abschiede denke, dann einerseits etwas traurig, andererseits muss ich schmunzeln, wenn ich an die kleinen Aufmerksamkeiten denke, die ausgetauscht wurden. Elena hat eine wunderschöne Karte für mich gefunden, die so gut zu mir passen würde, wie sie fand und schrieb mir ein paar ganz liebe Worte als Erinnerung hinein. Mir gefällt die Karte. Wenn ich sie angucke, denke ich an Elena und an den lustigen Abend in „Fänkis Hütte“ oder an die leckeren Törtchen im „Kaffeehaus 1825“. Ja, wir haben gelegentlich kulinarisch gesündigt 😉 und es nicht bereut.

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Und dann waren da die süßen Grüße. Sogar in meinem Postfach fand ich sie! Die „Durchbeißer“ – die waren vom Udo, damit hat er mich jeden Abend versorgt, wenn wir nach dem Abendessen noch ein Stündchen zusammen an dem großen Tisch in der Lobby saßen, uns unterhielten oder uns mit dem lahmen W-LAN herum plagten, um unsere Mails zu checken usw. Ich wollte ja eigentlich den Süßigkeiten widerstehen, aber irgendwie ging das nicht. Erst wenn kein Durchbeißer mehr auf dem Tisch lag, zog ich mich auf mein Zimmer zurück. In der Regel ging das relativ schnell …

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Den Glückskäfer hab ich beim Frühstück auf meinem Platz im Speisesaal gefunden, mit dem hat mir Anja bei ihrem Abschied den Tag versüßt. Wer mir die längsten Pralinen der Welt ins Postfach gelegt hat, das weiß ich leider nicht so genau, da kann ich nur spekulieren … Auf jeden Fall habe ich mich auch darüber gefreut und musste schmunzeln.

Bin ich denn wirklich so eine Naschkatze?