Ficken ist geil

Heike 001 - Kopie (3)Es war kurz vor dem Abendessen und ich ahnte noch nicht, was gleich über mir herein brechen und mir gründlich den Appetit verderben würde, als es laut an der Küchentür klopfte und im nächsten Moment die Mutter eines Schulkameraden herein stürmte.

Sie sah ziemlich erregt aus, fuchtelte mit einem Zettel herum, den sie in der Büchertasche ihres Sohnes gefunden hatte und teilte meiner Mutter und mir mit, dass sie fix und fertig wäre. Aber das war eigentlich unnötig, denn wir sahen es ihr ja an. Endlich kam sie auf den Punkt. Ich sollte mal vorlesen, was da auf dem Zettel steht und es erklären. Mit diesen Worten hielt sie mir den Zettel unter die Nase.

Oh, oh, dachte ich, da kann nichts Gutes drauf stehen. Ich nahm ihn und sah, was darauf stand: Ficken ist geil. Mehr nicht. Diese drei Wörter. Ach du dickes Ei! Ich bekam nicht nur rote Ohren, sondern bestimmt einen knallroten Kopf, denn es fühlte sich an, als ob das ganze Blut in meinen Kopf schoss.  Meine Gedanken überschlugen sich. Warum kommt sie damit ausgerechnet zu mir? Ich hatte den Zettel doch schließlich nicht geschrieben. Und wieso sollte ausgerechnet ich ihr das erklären? Sollte sie doch ihren Sohn fragen. Na der kann sich morgen was anhören … Mich in so eine Situation zu bringen! Und überhaupt, wieso wühlt die in dem seiner Büchertasche rum? Und wenn man schon solche pikanten Zettel bekommt, dann liest man sie und vernichtet sie. Wir hatten in jedem Klassenraum einen Ofen, notfalls wurden die Zettel einfach runter geschluckt. Das alles schoss mir in Sekunden durch den Kopf, während ich immer noch angestrengt auf diesen Zettel stierte.

Meine Mutter und die andere guckten mich mit hochgezogenen Augenbrauen, sehr streng und erwartungsvoll an. Mein Gott, wie peinlich! Nun musste ich taktisch vorgehen, damit ich nicht selbst eine Strafe riskierte, Ausgangsverbot oder so. Nur nichts Falsches sagen. Aber was sollte ich denn dazu sagen? Ich hatte ja überhaupt keine wirkliche Ahnung, was es bedeutete. Woher auch, ich war grad mal in der 6. Klasse und ein unschuldiges Mauerblümchen.

Zu Weihnachten in der 5. Klasse hatte ich eine Broschüre geschenkt bekommen. „Bevor ein Kind geboren wird“, damit war das Thema Aufklärung für meine Eltern abgehakt, schließlich konnte ich ja lesen … Es war mir oberpeinlich gewesen, als ich das Büchlein aus dem Weihnachtspapier ausgewickelt hatte, hab mich artig bedankt und eine halbe Minute sehr interessiert darin geblättert, bevor ich es weg legte – wusste doch eh schon bescheid. Aber ich weiß genau, dass die Wörter „ficken“ und „geil“ darin definitiv nicht vorgekommen sind. Auch in dem Buch „Mann und Frau intim“, was ich mir heimlich längst organisiert hatte, standen diese Wörter nicht drin. Wie sollte ich erklären, was ich selbst nicht genau verstand?

Ich guckte verschämt nach oben in ihre Gesichter und teilte mit, dass ich überhaupt nicht weiß, was das heißt, aber glaube, dass es bestimmt etwas Unanständiges ist. Damit war ich gut aus der Affäre! Sie glaubten mir und ließen sich noch eine Weile über die unsittliche Jugend aus und wohin denn das alles noch führen soll und wenn das so weiter geht und und und

Ich beschloss, so schnell wie möglich heraus zu finden, was genau „ficken“ und „geil“ bedeutet, irgendwo musste das doch nachzulesen sein oder jemand müsste es erklären können. Dann entschied ich mich aber, lieber nicht zu fragen, es könnte ja wieder zu einer peinlichen Situation führen. Für besser hielt ich es, einfach so zu tun, als wüsste ich es.

Auf jeden Fall war ich heilfroh, so glimpflich aus dieser misslichen Lage heraus gekommen zu sein und noch mehr war ich froh, dass zu dem Zeitpunkt nicht auch noch der Papa oder der Opa in der Küche waren, dann hätte ich es noch schlimmer empfunden.

Heute muss ich darüber lachen, wie verklemmt ich damals war und wie die Erwachsenen mit solchen Situationen umgegangen sind. Als ich einen meiner Söhne mal erwischt habe, als er (immerhin schon 16 Jahre alt) auf meinem PC eine zwielichtige Seite geöffnet hatte, sagte er nur: Ja, Mutter, ich bin halt in dem Alter. Und fertig war er mit mir.

Ich bin froh, dass ich mit meinen Kindern über solche Themen offen reden kann und wir uns kein Blatt vor den Mund nehmen müssen.

Auch wenn es nach wie vor nicht mein Jargon ist, aber wer immer diesen Zettel damals geschrieben hat – also unrecht hat er ja nicht – frech grins …

Wozu brauch ich auf Mauritius einen Loop?

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Draußen nieselt es trostlos vor sich hin. Trotzdem stehe ich, ausgerüstet mit wetterfester Kleidung und meinen Nordic-Walking-Stöcken,  pünktlich am Ausgang der Reha-Klinik. Der MP3-Player steckt unter der Schirmmütze – er soll ja schließlich nicht nass werden bei dem Sauwetter. Außerdem ist mir die Tage eh der Clip zum Anstecken abgebrochen. Die Kopfhörer habe ich mir bereits in die Ohren gestöpselt. Beschallung mit AC/DC ist startklar – ich sehe mich gedanklich schon am 8. Mai auf dem Zeppelinsfeld in Nürnberg bei ihrem Konzert – freu!  Wie gut, dass mir der liebe Weihnachtsmann eine Karte dafür gebracht hat.

Nach und nach trudeln die anderen Patienten ein, die heute auch um 14.00 Uhr Walking auf ihrem „Stundenplan“ stehen haben. Die Therapeutin teilt uns mit, dass wir heute wegen des Wetters eine kürzere Strecke laufen werden, also nur ca. 40 Minuten unterwegs sind. Sie erklärt uns kurz den Weg und überlässt dann jedem das Tempo – find ich gut. Ich schätze, dass ich mit meinen langen Beinen vermutlich nur 30 Minuten brauchen werde. Aber egal, ich hab jetzt richtig Lust auf frische Luft, flotte Bewegung und „Rock or Bust“. Na dann woll`n wir mal …

Es geht bergab bis zur Baumschule, ein Stück entlang der Straße, „Play Ball“, vorbei an der Tankstelle. Dann glaube ich, das Wasser schon riechen zu können. Ein schwarzer Porsche kommt von links. Ich bleibe stehen – er hat schließlich die stärkeren Argumente als ich Fußgänger. Ein nicht mehr ganz taufrischer Herr mit graumelierten Haaren sitzt hinter dem Steuer. Er gibt mir gnädig ein Handzeichen, damit ich zuerst vorbei laufen darf, bevor er sein Grundstück mit der Villa darauf verlässt. Ich nicke ihm lächelnd unter der Schirmmütze hervor zu – das ist ja mal ein netter Geldsack, denke ich mir dabei 😉 „Rock the Blues Away“

Beim Laufen gucke ich mir gerne die Häuser und Grundstücke an. In manchen Fenstern hängt immer noch die Weihnachtsdeko. In vielen Gärten sehe ich Boote. Es muss schön sein, so dicht am Wasser zu wohnen, möchte aber nicht wissen, was hier die Grundstücke kosten. Das eine Haus erinnert mich irgendwie an die Villa Kunterbunt. „Miss Adventure“  Das Grundstück ist nicht sehr groß, wirkt total überladen, vielleicht etwas verspielt, Gesamteindruck irgendwie ungepflegt. Dabei hat es so eine schöne Lage. Naja, wenn die Leute es so mögen. Das Haus daneben ist noch nicht ganz fertig. Es ist das Gegenteil von seinem Nachbarhaus, klare Formen, große bodentiefe Fenster. Die ganze Vorderseite ist verglast. Es wirkt großzügig, offen und strukturiert – ich kann mir gut vorstellen, wie ich es mir einrichten würde, wenn es mein Haus wäre …           „Dogs of War“

Ich laufe nun direkt auf der Promenade am Ufer entlang. Der Wind kommt mir entgegen und treibt mir den Nieselregen ins Gesicht. Ich empfinde es als angenehm, denn ich bin erhitzt vom zügigen Laufen. Da ist ja schon der Campingplatz. Die Wohnwagen und Boote der Dauercamper stehen einsam da, es ist keine Menschenseele zu sehen. Erst am Wochenende zieht hier wieder Leben ein. „Got Some Rock & Roll Thunder“

Weiter vorne sehe ich den Yachthafen und die Segelschule. Ich erinnere mich an einen Segelausflug auf dem Scharmützelsee, J1 war damals vielleicht drei oder 4 Jahre alt. Ich glaube, unser Urlaubsort hieß Wendisch-Rietz und es war sehr schön. Wir wohnten in Bungalows direkt am See und hatten herrliches Wetter. „Hard Times“ – lach, nein, es waren schöne Zeiten 😉

Die Wettertafel zeigt eine Lufttemperatur von 3,7 Grad Celsius und 100 % Luftfeuchtigkeit an. Mir kommt es milder vor. Wahrscheinlich weil ich mich recht flott bewege. Neben dem Weg oder dort, wo am Wochenende nicht geräumt wurde, liegen noch armselige Schneereste. Der Winter ist in diesem Jahr eher faul. Frau Holle scheint entweder in den Winterschlaf gefallen zu sein oder sie kann an die Goldmarie den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn nicht zahlen. Hm, was für ein Dilemma! „Baptism by Fire“

Wo sind die anderen eigentlich? Zwei sind vor mir, der Rest unserer Gruppe irgendwo hinter mir, ich kann sie nicht sehen. Die letzten Meter am Wasser – dann führt mich der Weg bergan Richtung Straße. „Rock the House“

Das letzte Stück ist anstrengend, ich gehe etwas langsamer, damit mein Puls im grünen Bereich bleibt. Bei „Sweet Candy“ lege ich die paar Meter bis zur Klinik zurück und höre die letzten Takte von „Emission Control“, als meine Zimmertür ins Schloss fällt. Super! Das ganze Album bis zum letzten Ton gehört – das hat doch was!

Boah, meine Klamotten sind feucht und ich bin k.o. Die Erkältung von letzter Woche steckt doch noch ein bisschen in mir. Ich ziehe Jacke, Mütze und Schuhe aus, trinke ein Glas Wasser und sinke erschöpft auf mein Bett, nur kurz, dann will ich duschen und zu diesem Vortrag gehen, der auf meinem Stundenplan steht, nur ganz kurz ausruhen … zwei Minuten oder so …

… Ich liege entspannt da. Es ist wunderbar warm. Die Sonne scheint. Leise Musik und Vogelgezwitscher umgeben mich. Die Palmen vor der Terrasse wiegen sich im leichten Wind, der vom Meer herüber weht. Aus unserer Villa kommt Boy mit einem Tablett in der Hand. Ah, mein Drink! Ich räkle mich lasziv auf meiner Liege und schiebe die Sonnenbrille nach oben. Was für einen geilen Knackarsch er doch hat, denk ich mir und verfolge jede seiner Bewegungen. Er scheint meine Gedanken lesen zu können und lächelt süffisant, während er mir den Drink serviert. Ich weiß, dass er auf afrikanische Schönheiten wie mich steht. Er weiß, dass ich voll auf ihn abfahre, seine helle Haut, die blonden, schulterlangen Haare, sein markantes Kinn … Boy stammt aus Deutschland, er lebt und arbeitet nun schon seit 15 Jahren hier bei uns auf Mauritius. Da sich mein vielbeschäftigter Ehemann heute wieder den ganzen Tag und die halbe Nacht im Club sowie auf unserer Yacht aufhalten wird und „Geschäfte“ erledigen muss, wird ihn Boy, der eigentlich Andreas heißt, wie jeden Tag hier vertreten und all seine Pflichten übernehmen … ALLE! Hach, was für ein herrliches Leben! Ich brauche nur nach ihm zu läuten …

Oh, Mist, Telefon klingelt. Ausgerechnet jetzt, wo es spannend wird – menno! „Kommst du dann mit ins Dorf? Wir wollten nochmal in den Laden mit der Wolle.“ schallt es durch die Muschel. Wolle? Was war da doch gleich? Wir wollten uns einen Loop stricken. Ähm, ach ja stimmt. Aber ich hab heut echt keine Lust drauf, nochmal raus zu gehen, einmal Regen langt mir am Tag. Also sage ich ab. Muss eh duschen und zu dem Vortrag.

Außerdem – wozu brauche ich auf Mauritius einen Loop??? 😉