Wozu brauch ich auf Mauritius einen Loop?

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Draußen nieselt es trostlos vor sich hin. Trotzdem stehe ich, ausgerüstet mit wetterfester Kleidung und meinen Nordic-Walking-Stöcken,  pünktlich am Ausgang der Reha-Klinik. Der MP3-Player steckt unter der Schirmmütze – er soll ja schließlich nicht nass werden bei dem Sauwetter. Außerdem ist mir die Tage eh der Clip zum Anstecken abgebrochen. Die Kopfhörer habe ich mir bereits in die Ohren gestöpselt. Beschallung mit AC/DC ist startklar – ich sehe mich gedanklich schon am 8. Mai auf dem Zeppelinsfeld in Nürnberg bei ihrem Konzert – freu!  Wie gut, dass mir der liebe Weihnachtsmann eine Karte dafür gebracht hat.

Nach und nach trudeln die anderen Patienten ein, die heute auch um 14.00 Uhr Walking auf ihrem „Stundenplan“ stehen haben. Die Therapeutin teilt uns mit, dass wir heute wegen des Wetters eine kürzere Strecke laufen werden, also nur ca. 40 Minuten unterwegs sind. Sie erklärt uns kurz den Weg und überlässt dann jedem das Tempo – find ich gut. Ich schätze, dass ich mit meinen langen Beinen vermutlich nur 30 Minuten brauchen werde. Aber egal, ich hab jetzt richtig Lust auf frische Luft, flotte Bewegung und „Rock or Bust“. Na dann woll`n wir mal …

Es geht bergab bis zur Baumschule, ein Stück entlang der Straße, „Play Ball“, vorbei an der Tankstelle. Dann glaube ich, das Wasser schon riechen zu können. Ein schwarzer Porsche kommt von links. Ich bleibe stehen – er hat schließlich die stärkeren Argumente als ich Fußgänger. Ein nicht mehr ganz taufrischer Herr mit graumelierten Haaren sitzt hinter dem Steuer. Er gibt mir gnädig ein Handzeichen, damit ich zuerst vorbei laufen darf, bevor er sein Grundstück mit der Villa darauf verlässt. Ich nicke ihm lächelnd unter der Schirmmütze hervor zu – das ist ja mal ein netter Geldsack, denke ich mir dabei 😉 „Rock the Blues Away“

Beim Laufen gucke ich mir gerne die Häuser und Grundstücke an. In manchen Fenstern hängt immer noch die Weihnachtsdeko. In vielen Gärten sehe ich Boote. Es muss schön sein, so dicht am Wasser zu wohnen, möchte aber nicht wissen, was hier die Grundstücke kosten. Das eine Haus erinnert mich irgendwie an die Villa Kunterbunt. „Miss Adventure“  Das Grundstück ist nicht sehr groß, wirkt total überladen, vielleicht etwas verspielt, Gesamteindruck irgendwie ungepflegt. Dabei hat es so eine schöne Lage. Naja, wenn die Leute es so mögen. Das Haus daneben ist noch nicht ganz fertig. Es ist das Gegenteil von seinem Nachbarhaus, klare Formen, große bodentiefe Fenster. Die ganze Vorderseite ist verglast. Es wirkt großzügig, offen und strukturiert – ich kann mir gut vorstellen, wie ich es mir einrichten würde, wenn es mein Haus wäre …           „Dogs of War“

Ich laufe nun direkt auf der Promenade am Ufer entlang. Der Wind kommt mir entgegen und treibt mir den Nieselregen ins Gesicht. Ich empfinde es als angenehm, denn ich bin erhitzt vom zügigen Laufen. Da ist ja schon der Campingplatz. Die Wohnwagen und Boote der Dauercamper stehen einsam da, es ist keine Menschenseele zu sehen. Erst am Wochenende zieht hier wieder Leben ein. „Got Some Rock & Roll Thunder“

Weiter vorne sehe ich den Yachthafen und die Segelschule. Ich erinnere mich an einen Segelausflug auf dem Scharmützelsee, J1 war damals vielleicht drei oder 4 Jahre alt. Ich glaube, unser Urlaubsort hieß Wendisch-Rietz und es war sehr schön. Wir wohnten in Bungalows direkt am See und hatten herrliches Wetter. „Hard Times“ – lach, nein, es waren schöne Zeiten 😉

Die Wettertafel zeigt eine Lufttemperatur von 3,7 Grad Celsius und 100 % Luftfeuchtigkeit an. Mir kommt es milder vor. Wahrscheinlich weil ich mich recht flott bewege. Neben dem Weg oder dort, wo am Wochenende nicht geräumt wurde, liegen noch armselige Schneereste. Der Winter ist in diesem Jahr eher faul. Frau Holle scheint entweder in den Winterschlaf gefallen zu sein oder sie kann an die Goldmarie den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn nicht zahlen. Hm, was für ein Dilemma! „Baptism by Fire“

Wo sind die anderen eigentlich? Zwei sind vor mir, der Rest unserer Gruppe irgendwo hinter mir, ich kann sie nicht sehen. Die letzten Meter am Wasser – dann führt mich der Weg bergan Richtung Straße. „Rock the House“

Das letzte Stück ist anstrengend, ich gehe etwas langsamer, damit mein Puls im grünen Bereich bleibt. Bei „Sweet Candy“ lege ich die paar Meter bis zur Klinik zurück und höre die letzten Takte von „Emission Control“, als meine Zimmertür ins Schloss fällt. Super! Das ganze Album bis zum letzten Ton gehört – das hat doch was!

Boah, meine Klamotten sind feucht und ich bin k.o. Die Erkältung von letzter Woche steckt doch noch ein bisschen in mir. Ich ziehe Jacke, Mütze und Schuhe aus, trinke ein Glas Wasser und sinke erschöpft auf mein Bett, nur kurz, dann will ich duschen und zu diesem Vortrag gehen, der auf meinem Stundenplan steht, nur ganz kurz ausruhen … zwei Minuten oder so …

… Ich liege entspannt da. Es ist wunderbar warm. Die Sonne scheint. Leise Musik und Vogelgezwitscher umgeben mich. Die Palmen vor der Terrasse wiegen sich im leichten Wind, der vom Meer herüber weht. Aus unserer Villa kommt Boy mit einem Tablett in der Hand. Ah, mein Drink! Ich räkle mich lasziv auf meiner Liege und schiebe die Sonnenbrille nach oben. Was für einen geilen Knackarsch er doch hat, denk ich mir und verfolge jede seiner Bewegungen. Er scheint meine Gedanken lesen zu können und lächelt süffisant, während er mir den Drink serviert. Ich weiß, dass er auf afrikanische Schönheiten wie mich steht. Er weiß, dass ich voll auf ihn abfahre, seine helle Haut, die blonden, schulterlangen Haare, sein markantes Kinn … Boy stammt aus Deutschland, er lebt und arbeitet nun schon seit 15 Jahren hier bei uns auf Mauritius. Da sich mein vielbeschäftigter Ehemann heute wieder den ganzen Tag und die halbe Nacht im Club sowie auf unserer Yacht aufhalten wird und „Geschäfte“ erledigen muss, wird ihn Boy, der eigentlich Andreas heißt, wie jeden Tag hier vertreten und all seine Pflichten übernehmen … ALLE! Hach, was für ein herrliches Leben! Ich brauche nur nach ihm zu läuten …

Oh, Mist, Telefon klingelt. Ausgerechnet jetzt, wo es spannend wird – menno! „Kommst du dann mit ins Dorf? Wir wollten nochmal in den Laden mit der Wolle.“ schallt es durch die Muschel. Wolle? Was war da doch gleich? Wir wollten uns einen Loop stricken. Ähm, ach ja stimmt. Aber ich hab heut echt keine Lust drauf, nochmal raus zu gehen, einmal Regen langt mir am Tag. Also sage ich ab. Muss eh duschen und zu dem Vortrag.

Außerdem – wozu brauche ich auf Mauritius einen Loop??? 😉

Untenrum nicht ganz perfekt

Mit Mühe war es mir gelungen, meinem von einer hartnäckigen Erkältung gezeichneten Gesicht ein halbwegs ausgehtaugliches Aussehen zu verpassen. Der Kleidersack mit dem Outfit hing schon seit dem Vorabend fix und fertig im Auto. Es konnte losgehen! Also rein in die Stiefel, Jacke dran und auf in unsere Landeshauptstadt Erfurt.

Ich hatte eine Verabredung 🙂 Heike, Vera und ich hatten uns vor ein paar Jahren bei einem Seminar der Hanns-Seidel-Stiftung in Kloster Banz kennen gelernt und uns inzwischen schon mehrmals zu anderen Seminaren getroffen. Da wir alle drei an unterschiedlichen Orten wohnen, Erfurt, Augsburg und Bedheim-City  ;-), ist das gar nicht so einfach mit „mal schnell zwischendurch privat treffen“. Bisschen Planung macht sich da schon ganz gut.

Vera hatte noch Urlaub und verbrachte ein paar Tage in Erfurt. Für mich ist die Entfernung überschaubar und in einer guten Stunde zu bewältigen. Also stand einem Treffen nichts mehr im Wege. Heike hatte sich für den Tag etwas Besonderes ausgedacht. Wir wollten zuerst ins Kerzen-Café gehen und anschließend in die Oper. Deshalb hatte ich mir vorgenommen, mich richtig gut zu fühlen und auf meine Erkältung zu pfeifen – basta!

Als ich ankam, standen die beiden standen schon in ihrer Ausgehgarderobe bereit. Ich wechselte Stiefel, Leggings und Shirt gegen weiße Marlene-Hose, nachtblaue Bluse, legte eine Perlenkette um und holte als letztes aus dem Kleidersack meine ebenso nachtblauen Lackschuhe …

Ähhhh? Die Schuhe! Oh, nein! Doch sie waren drin in dem Sack, zwei Stück, ein linker Schuh, ein rechter Schuh … nur nicht mein schickes nachtblaues, zur Bluse passendes Paar! Davon war nur einer drin – der linke! Anstelle des passenden Gegenstückes für den rechten Fuß war ein schwarzer Lederschuh drin! Wie das? Ja, klar, ich hatte am Abend zuvor überlegt, ob ich lieber mein „kleines Schwarzes“ oder doch besser eine Hose anziehe. Beim Einpacken der Sachen hatte ich mich dann scheinbar bei den Schuhen vergriffen …

Ich guckte auf das Paar in meinen Händen, das doch kein Paar war, dann guckte ich Heike und Vera an und dann – musste ich lachen, laut los lachen. Ich würde heute also mit zweierlei Schuhen ausgehen – mal was ganz anderes! Wie originell! Ich hatte keine Wahl (meine Stiefel gingen erst recht nicht) also nahm ich es mit Humor und dachte mir: es gibt Schlimmeres.

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Anfangs kam ich mir wie ein Hanghuhn vor, da die Absätze unterschiedlich hoch waren (zum Glück nur 1,5 cm). Das konnte ich jedoch nach kurzem Probelauf durch entsprechende Beckenbewegungen (diese nennt man auch Popowackeln –grins) gut kompensieren. Des Weiteren versuchte ich durch dezentes Schlenkern meines totschicken GUCCI-Täschchens die Blicke auf Selbiges und somit von meinen Schuhen (ab) zu lenken. Vorsichtshalber. Nicht, dass mich noch jemand für verwirrt hält oder so … Alle anderen Fotos wurden übrigens so aufgenommen, dass meine Schuhe nicht mehr zu sehen waren, wie schade!

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Der Tag wurde wunderschön. Ich dachte nur an die Schuhe, wenn mich mal wieder jemand damit aufzog. Das geschah so ca. alle viertel Stunde – oder war es öfter? Wir kamen dann auf die Idee, dass ich damit vielleicht einen neuen Trend in der Damenschuhmode für 2015 setzte. Heike – die Trendsetterin! Manche Fußballer spielen schließlich auch mit zweierlei Schuhen. Warum eigentlich? Sind die farbenblind, wollen die angeben, sind die zerstreut und haben auch die falschen eingepackt oder können die auf diese Weise besser rechts und links unterscheiden??? Egal – bis jetzt hat mich jedenfalls noch kein Modeschöpfer angerufen – die haben scheinbar alle Weihnachtsurlaub oder bessere Ideen 😉